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später darauf zu restgniren, Philister zu werden, daS heißt, sich als gleichgil- tiges Glied der Staatsmaschine gebrauchen zu lassen. Diese Ansicht ist nicht blos falsch und verwerflich, sondern-sie stimmt auch nicht mehr mit den wirklichen Verhältnissen überein. Früher mochte der Musensohn sich im Gegensatz gegen das bürgerliche Leben als die höher berechtigte Existenz empfinden; seitdem hat aber der Bürgerstand sich eine freie, selbstständige und gebildete Eristenz errungen, und wollte man den Gegensatz noch ferner aufrecht halten, so würde nicht der Bürger, sondern der Musensohn darunter leiden. — Aber das Wichtigste scheint uns zu sein, daß der künftige Staatsbeamte, der künftige Richter keinen Augenblick seines Lebens die Begriffe des Rechts und der Gerechtigkeit aus den Augen verliert. Wenn er in seiner Jugend, also in der Zeit, an die er am längsten mit Behagen zurückdenkt, von einer,besondern -Berechtigung eines einzelnen Standes, von einer Ercmtion im strengen Sinne träumt, so werden diese Träume sich auch in den Ernst seines spätern Lebens zuweilen eindrängen, und er wird ein schlechter Bürger werden. So lange man den Muthwillen als das empfindet, was er ist, als eine Ungesetzlichkeit, für die man, wenn sie ernster Art ist und wenn sie entdeckt wird, seine Strafe hinnimmt, so har er nicht so viel zu sagen; sobald man ihn aber als ein Recht in Anspruch nimmt, wird er schädlich für die ganze fernere Entwicklung.
Die Universität hat keineswegs den doppelten Zweck, die Studien und das Leben der Studenten zu organisiren, sondern ihr Zweck ist ausschließlich der erste. Wenn nebenbei die jungen Leute sich amusiren, und um diesem Amüsement eine gewisse Fayon zu geben, sich in Ressourcen vereinigen, die sie nach jugendlicher Weise durch Symbole ausschmücken, so ist das ganz in der Ordnung; aber die akademischen Behörden dürfen nicht den Wahn aufkommen lassen, daß diese Ressourcen (gleich viel wie sie sich.nenne», Corps, Landsmannschaften, Burschenschaften, Kränzchen, Wingolfs u. s. w.) organische Gliederungen des Staatslebens seien. Die schärfste Wachsamkeit haben in dieser Beziehung die Behörden der kleinen Universitätsstädte auszuüben, die zum Theil von den Studenten leben, und in denen dem Uebermuth der Jugend eine servile Classe entgegenkommt. In größern Städten, wie Berlin, Leipzig u. s. w. corrigiren sich dergleichen Ercentritäten von selbst, denn wo man einen geachteten Bürgerstand sich gegenüber sieht, wird man es sich nicht einfallen lassen, sich für ausschließlich berechtigt zu halten; wo das aber nicht der Fall ist, haben die akademischen Behörden die Verpflichtung, dieses Bewußtsein zu ergänzen, denn nichts weniger als die Forteristenz dieser Anstalten hängt davon ab, ob sie das werden, was sie nach dem Standpunkt unsrer heutigen Culturverhältnisse sein müssen, nämlich höhere Bildungscinstalten.