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Literatur.
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"scheu Schilderung viel geeigneter waren, als die Thaten der Wilden am Ufer des Mississippi. Es sind vortreffliche Dichtnngcn aus dieser Entdeckung hervorgegangen, und es liegt nicht an den Dichtern, wenn ihre Zeichnung der Natur der wirklichen Natur nicht ganz förderlich gewesen ist. Die Naivetät, die ihr eignes Wesen durch­schaut, hört aus. Naivetät zu sein, und weuu die schwarzwälder Baucru erst dahin kommen, sich an Anerbachs Dorfgeschichten zu erbauen, oder wenn die Bcrner ih­ren Jercmias Gotthelf stndir-n. so wird es ihnen gehen, wie den berliner Ecken­stehern, seit sie Nante Strumpf auf dem königstädtcr Theater sahen; ihr üppiger Naturwuchs wird durch die Scheere eiue künstlerisch geregelte Natnr annehmen. und mit der Natnr wird es dann überhaupt vorbei sein. - Wenn unsere Novellisten -"nächst ans Cooper lernten, unsere .eignen Baueru zu schildern, so greift das Stu­dium Auerbachs wiederum der Beschreibung fernliegender Culturzustande unter die Arme. Schon Mügge hat sich in einem seiner Romane zu den Lappen gewendet, und von denselben sehr liebenswürdige nnd anziehende Genrebilder entworfen. Der Dichter des vorliegenden Romans ist ihm darin mit großem, Geschick gefolgt, und wenn wir'auch keinen Eid darauf ablegen möchten, daß sich dort alles gcnan so verhält, wie er es erzählt, so haben seine Charakterbilder doch eiue innere poetische Wahrheit. u»d daö bleibt immer die Hauptsache. In den Schilderungen liegt zu­weilen ein großer Zauber, die Fabel ist einfach uud naturgemäß, uud wenn sie auch keine besondere Svannnng erregt, so folgt man ihr doch mit Behagen.

Das Fräulein von Malepcire. Von Charles-Reybaud. A. d. Franz. von C. W. Bleich. Leipzig. Lorck. Eins der besten Genrebilder, die "ns in der neuern französischen Literatur vorgekommen sind. Ju der Zeit der ersten französischen Revolution hat ei» stolzes Fräulein die romantische Grille, sich in einen Bauer zu verlieben, es kvmnit wirklich zu eiuer Hcira.th und sie geht an diesem un­gesunden Verhältniß zu Grunde. Das ist der trockne Umriß der Geschichte, in den aber so viele anmuthigc Bilder verwebt sind, daß die Novelle allgemeine Theilnahme erregen muß. U»> meisten hat uns die zarte Diseretion gefreut, mit der die tra­gischen und schreckliche,, Diuge, die sich nicht nmgehen ließen, behandelt sind. Der Dichter geht ernst und unerschrocken aus alle Cvnscquenzen ein, aber er hat keiu iunercs Behagen am Scheußlichen und erspart unsrer Phantasie die Ausmalung dessen, was sie sich ohnehin ergänzen kann. Man muß diese Novelle mit G. Sands ^om,u^'>w» du u>u>' .Iv l>'i'!u.i.L vergleiche», um die Ueberlegenhcit der Biiduug und des Geschmacks bei dem neuern Dichter recht lebhaft zu empfiuden. Man hat vom Standpunkt der Humanität so viel gegen den Begriff der Mesalliance ge­eifert, daß man darüber vergißt, wie jenem Begriff nicht blos Vornrtheile, sondern auch sactische Zustände zu Grunde liegen, und eine Reaction gegen jene Neigung ist daher sehr wünschenSwerth.

Helene. Ein Franenleben. Roman in drei Bände». Vo» R. Prutz. Prag und-Leipzig, Expedition des Albums. An melodramatischer Svaunnug fehlt es dieser Novelle durchaus nicht; wird nicht nur Ncugierdc erregt, sondern man wird einige Male auch recht lebhaft ergriffe». Aber ma» merkt zu deutlich heraus, daß dies der Hauptzweck des Verfassers ist, und daß die Forderungen der Naturwahrheit und Charakteristik bei ihm erst in zweiter Linie kommen. Die Zu-