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Kinder heimlich auf, -ins der Akademie zu entfliehen. Bei svlchcn Begriffen, bei solchen Sitten konnte von Bildung, konnte von Literatur feine Rede sein. Bis zu den Tagen Katharinas II, war der von Peter angebahnte Civilisati'ons- Proceß ein Kampf Weniger, die ihre Aufgabe nur unklar verstanden, mit der Barbarei, und zwar ein Kampf, der für die Streiter keineswegs gefahrlos war. Die Gelehrten wollten die Scholastik, die im Auslande erzogenen jungen Edelleute die weltmännische Abgeschliffenheit in französischer Form die Stelle der wahren Geistescultur vertreten lassen. Erst Katharina lehrte ihr Volk den Werth der Erziehung schätzen, sich mit den Wissenschaften und der Literatur beschäftigen, und erst von da an wurde es nicht mehr nöthig, die Schüler mit Gewalt und durch die Furcht vor Strafe iu die Lehranstalten zu treiben.
In diesem ganzen Zeitraum, von Peter Ins Katharina, blieb die slawischlateinische Akademie fast das einzige gelehrte Institut in Moskau, wie es die Akademie der Wissenschaften in Petersburg war. Aus der moskauer Akademie gingen nicht nur hohe geistliche Würdenträger, sondern anch Staatsbeamte und Gelehrte hervor, indem ihre Zöglinge oft in die Petersburger übertraten. Bekanntlich gehörte Lomonossow zu den ausgezeichnetsten Schülern der moskauer Akademie, aber die gesellschaftlichen und culturlichen Zustände seiner Zeit verhinderten seinen Genius, sich in voller Kräft zu entwickeln. Als Literat und Gelehrter machte er in allem den Anfang und, wie Peter auf einem größern Schauplatz, kämpfte er sein Lebelang mit der Unwissenheit und starb über dem Kampf, der Nachwelt nur das Beispiel seines Strebens hinterlassend."
Korrespondenzen.
Frankfurt cl. M, 26. Mai. — Eine der letzten Nummern der Grcnzboten enthält einen frankfurter Brief, worin nur mit großer Schüchternheit Preßver- hältuisse berührt werden, die hier am Orte notorisch sind und die der Herr Briefsteller ganz »»gescheut und unter Nennung der Namen hätte besprechen können, die er nur mit Anfangsbuchstaben als ein lnu^vec? bezeichnet. Diese
Schüchternheit rührte aber wol nur vou der Einseitigkeit des Herrn Briefstellers oder doch seiner angezogenen Korrespondenz her, worin blos diejenige» Schäden der heutige» Presse hervorgehobe» werden, welche die Kurzsichtigkeit dc» Negierungen Zur Last legen möchte, während sie viel eher ,anf Pcrsouen zurückgeführt werde» können, von denen die Regierungen in demfelbcn Grade »nßbraucht werden, wie das große Publicum manchmal von ciuzelue» Parteischriftstcller». Derselbe Friedrich Perthcs, welche» Ihr Briefsteller in Nr. 21 anführt, sagt auch irgendwo in seinem Lebe», wie es merkwürdig sei, daß eine kleine Zahl böser oder irregeleiteter, aber beharr-
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