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sittliche Freiheit ersetzt wird. Die Personen, an welchen dieses Institut der Zukunft dargestellt wird, sind aber sammt und sonders in ihren innern Empfindungen so haltlos und dabei von so kleinstädtischen Perspektiven eingeengt, daß man ihnen nur den Rath geben kann, es bei der alten christlichen Ehe bewenden zu lassen, und da ihnen der subjcctive Halt der Pflicht fehlt, mit dem objectiven vorlieb zu nehmen. — Rüge ist eigentlich nur durch einen Zufall in die Reihe der Revolutionärs geworfen worden, und wenn er in seinen Phantasien auch in Bezug auf die Liebe zuweilen über die Schnur haut, so ist er doch im innersten Kern eine echt bürgerliche Natur, die sich in den beschränkten Verhältnissen des Herkommens am glücklichsten würde gefühlt haben. Vielleicht führt ihn seine allmälige Entwicklung auch noch auf diesen richtigen Standpunkt zurück. —
Ein Mord oder der falsche Müller. Lustspiel in 3 Acten von" Karl Löffler. Berlin, I. Petsch. — Eine Posse in echtfranzösischer Manier, sehr unterhaltend und mit so dreisten Strichen gezeichnet, wie man es in Deutschland selten gewohnt ist. —
?i6rre l^evassor. ?ar LKarlss I.oeffler. Oeuxisme viZition orn^s c>u portrait äe I.sva88or. lZerlin, ,l. ?<ztscd. — Wir haben den Künstler in Berlin gesehen. Er trqgt komische Lieder vortrefflich vor, ist ein Virtuos im Costümiren und spielt mit der ganzen^ Lebhaftigkeit und Ungenirtheit des französischen Naturells. Eigentlich feine Komik haben wir bei ihm nicht gefunden.
H-ildebran d. Ein historisches Drama. Franks, a. M, Sauerländer. — Der Verfasser hat sich in eine laute Begeisterung für den Begründer der römischen Hierarchie hineingeschwindelt; aber er kann die Voraussetzungen seiner Bildung nicht verleugnen und schiebt daher seinem Helden Motive unter, vor denen sich dieser im höchsten Grade entsetzen würde, wie das heutzutage so häufig geschieht. Das Stück verbindet das Unangenehme, was jeder Tendenzschrift anklebt, mit dem zweiten Uebelstand, daß nicht eine unmittelbar drängende Naturkraft, sondern eine künstliche Reflexion aus ihr spricht.
Die Liebesleugner. Lyrisches Lustspiel von Wilhelm Jordan. Frankfurt a. M., Sauerländer. —- Das Drama behandelt das Thema der Donna Diana, doch so, daß der spröde Stolz dies Mal aus beiden Seiten des Liebespaares vorhanden ist. Die Sprache hält nicht durchweg den Ton, aber sie ist an vielen Stellen von einer unzweifelhaften musikalischen Schönheit. Das dramatische Leben des Stücks ist ziemlich gering, wie denn überhaupt die Gattung des lyrischen Dramas ebensowenig zu empfehlen sein dürfte, als das sogenannte allgemein-poetische Costüm, welches freilich sür den Lustspieldichter leichter und bequemer zu handhaben ist, als der Realismus des modernen Lebens. Mit geistreichen Schattenspielen ist die deutsche Bühne nicht zu reformiren. —
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