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ter Herrschast über die Bühne bis 1762. Sie sagte von der Pompadour: sie verdankt ihr Königthum dem Zufall, ich das meinige dem Genie. Später war ihr Stern im Sinken. Trotz ihrer ungeheuren Einnahmen kam sie doch nicht aus, sie versuchte -1773 ihre Vcrmögensverhältnisse bei dem Markgrafen von Ansbach wieder herzustellen, es gelang ihr nicht und sie starbin der größten Armuth im Jahr 1802. Die Schilderung, welche der Herausgeber von ihr gibt, eriuucrt iu mancher Beziehung an die Rachcl: „Sie war schön, edel, stolz und kalt wie der antike Marmor; sie konnte nicht meinen, ihr Schmerz brach in wüthende Leidenschaft aus, und sie konnte nnr vier Saiten anschlagen: Verachtninz, Unwille, Stolz nnd Heroismus. Sie verstand mehr zu hassen, als zu lieben, und wenn sie als Weib ihre Stunden der Leidenschaft hatte, so hat ihr das, mehr die Kunst und das Studium ciugcgcbcu, als ihr Herz." — Ebenbürtig reiht sich an sie Sophie Arnvuld, geb. 17i>0. Sie hatte eiu ungeheures Vermöge» erworben, als die Revolution es zerstreute. Später verschaffte ihr alter Freund Fouchü ihr ciue Pension. Sie starb 1802 nnd bekannte aus dem Sterbebett ihrem Beichtvater ihre frühern Leidenschaften. Als sie ihm von den eifersüchtigen Wuthausbrüchen ihres vornehmsten Liebhabers erzählte, bemerkte der gute Pfarrer: Meine arme Tochter, was für böse Zeiten haben Sie durchgemacht! — Ach, rief sie mit Thränen in den Angen, es war die gute Zeit, ich war so unglücklich! — Adrienne Lecouvrcnr verlebte ihre Jngend in großer Dürftigkeit. Das romantische Ende, welches die bekannte Tragödie von ihr erzählt, wird durch dieses Buch widerlegt. Sie ist sehr prosaisch an einer zu starken Dosis Ipecacuanha gestorben. — Madelcinc Ganssin war die Tochter eines Kutschers des Schauspielers Baron von einer Köchin der Mlle. Lecouvreur. Sie trat 1731 auf dem hauptstädtischen Theater ans und schuf die besten Rollen Voltaires, Zaire nnd Alzire. Sie heirathete in spätern: Alter einen Tanzmeister, der sie sehr schlecht behandelte und starb 1767. — Mlle. Vadv, die 1776 debutirte, war die Tochter eines TäuzerS, der in weiblichen Rollen aufgetreten war. — Einen nicht unwichtigen Einfluß hatte die Tänzerin Guimard. Ihr Fuß wurde vvu den damaligen Bildhauern nicht selten modcllirt. Sie war nicht schön, sie war mager wie eine Spinne, aber sie zcichuete sich durch ihre gewaltigen Sprünge ans; vielleicht hatte sie Aehnlichkeit mit der Grahu. Sie wurde berühmt durch den Luxus ihrer Haus- cinrichtuug uud durch den Geschmack ihrer Toiletteu. Ihre Soupers wäre« die gesuchtesten in ganz Paris. Der Prinz von Soubise war ihr Sklave und die Königin Marie Antoinette zog sie bei allen Angelegenheiten ihres weiblichen Haushalts zu Rathe. Seit 1780 wurde sie mehr und mehr vergessen; sie heirathete zuletzt einen Lehrer am Konservatorium uud - starb in stiller Zurückgezogenheit. — Noch eine Anekdote von der Molisre wollen wir nachtragen. Ein Herr vom Hof war in sie verliebt, und eine Zwischcnträgerin wußte cS so hinzurichten, daß ihm wie dem Eardinal Rohan eine Person in die Hände gespielt wurde, die seiner Geliebten lehr ähnlich war. Als er sich dadurch verleiten ließ, gegen die wirkliche Moliere Zudringlichkeiten zu versuchen, verstand diese es falsch, sie ohrfeigte ihn zuerst und belangte ihn dann vor Gericht, und dieses fällte 1673 den Spruch, daß die falsche Mvliere vor dem Hause der echten entkleidet nnd öffentlich ausgepeitscht werden sollte, was auch in zweiter Instanz bestätigt wurde.
Grenz boten. II. 18S6. 23