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Literatur.
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Literatur.

SchlttlMelerlelieN. I^LS ciomvcliiznnsL ll'aul.rc!soi8, >!»r ^Visönc! IIc>u5- sa^e, 2 la. LiuxvUös ot l^eip/.i-A, KiLL-jlinA, LvIiiivL et Lomp. Noch in unsern Tagen gehört das Loos einer Künstlerin, die wirklichen bedeutende» Erfolg hat, zu den glänzendsten, die dem Weibe bcschiedcn sein können. Freilich ist es zuweilen auch nur glänzendes Elend, denn sobald der Idealismus und der Taumel der Jugcud vorüber ist, stellen sich Enttäuschungen ein, die Erfolge bleiben ans, und die gefeierte Künstlerin geht entweder unter, wenn sie leichtsinnig war, oder sie ver­liert sich in ganz gemeine prosaische Berechnung. Wenn man bei der Nachel die fieberhafte Hetzjagd nach dem Gelde aufmerksam verfolgt hat, kann man sich doch eines gewissen Mitleids nicht erwehren, daß eine so reich begabte Natur so gauz alle Poesie verliert. Noch glänzender war das Loos der berühmten pariser Künstlerinneu im vorigen Jahrhundert, weil die vornehmen Herren, die ihnen hul­digten, einer feinern aristokratischen Form angehörten und leidenschaftlicher in ihrer Hingebung waren, als die heutigen Mäcene. Damals hatte das Bankgeschäft den Adel noch nicht in den Hintergrund gedrängt. Der gegenwärtige Dircctor des Theatre fran^ais gibt uns im vorliegenden Buch eine interessante Zusammenstellung der Schauspielerinnen, die in den beiden vergangenen Jahrhunderten Paris ent­zückt haben. Er beginnt mit Marie Dcsmares, geb. 164-1 zu Nouen in einer Familie aus der Noblesse de robe, die sich aber ihrem künstlerischen Berns nicht widersetzte. Sie wurde srüh an einen dicken Herrn von EhampmeSlü ver- heirathet. Die Liebe erwachte erst, als sie 1670 deu jungen Dichter Racine kennen lernte, der sie nnn zn ihren bedeutendsten Leistungen inspirirte. Sie wurde ihm untreu, sobald sie ihn genügend benutzt hatte, und wandte sich dem höhern Adel zu. Bei ihrem Tode -1693 erfaßte sie die Furcht vor der Hölle, uud sie bekehrte sich feierlich. Es folgt die Tänzerin Marianne von Eamargo, geboren -17-16 zu Brüssel aus einer altadeligen spanischen Familie, durch die Prinzessin von Ligne-1726 aufs Theater gebracht, und während eines Mcnschenalters die gefeierte Gottheit der schönen Welt. Sie starb -1770. Als sie eine alte Frau war, besuchte sie eiumal eine Gesellschaft der damaligen Freigeister. Sie fanden ihren Salon sonderbar mvblirt. Die Tänzerin selbst war in allen ihren Rollen abgebildet, daneben Christus aus dem Oclbcrg, eine Magdalena am Grabe, verschiedene Madoimcnbildcr, eine Venus, die drei Grazien, und dazwischen Rosenkränze uud Amnlete. Sie fragten sie, wer ihr unter ihren Liebhabern am werthesten gewesen sei, und sie erzählte eine rührende Geschichte von einem Edelmann, der im Duell geblieben war. Aurvre de Livry wurde durch Voltaire beim Theater eingeführt und blieb ihm bis an sein Lebensende besrenndet; doch hinderte sie das nicht, nachdem sie den Marquis von Gvuvernet geheirathet hatte, eine Fromme zu werden. Ein tüchtigerer Charakter war Justine Duronceray, geb. -1727, mit dem Operndichter Favart verheirathet und von ihm -1749 im italienischen Theater eingeführt. Sie starb -I77-I. Den glänzendsten Ruf unter diesen Künstlerinnen hatte Mademoiselle Clairon, oder wie sie eigentlich hieß, Elaire de la Tude, geboren -1723, in ihrer Jugend von einer armen, boshaften und bigotten Mutter schwer gemißhandelt, später in fast ungetheil-