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liken und die Hochländer, beide dem celtischen Stamm angehörig, beide in einem Zustand der Wildheit, der an die Indianer erinnert. Die Schilderungen der Kämpfe in Irland und Schottland sind mit einer Meisterschaft ausgeführt, wie sie selten ein Geschichtschreiber erreicht hat. Sie sind ein völlig ebenbürtiges Seitcnstück zu der Schilderung der englischen Zustände von 4683 im ersten Bande. Es ist nicht blos die helle Localfarbe, nicht blos l>ie kühne Bewegung, was diese Schilderungen so anziehend macht, es ist vor allen Dingen der große Sinn, in dem sie angelegt sind. So empfänglich die Phantasie des Geschichtschreibers ist, so lebhaft sie alles Poetische in den Zuständen aufnimmt, so wenig läßt sich der Verstand und das Gewissen Macaulays von ihr bestechen. Wir sehen mit Freude, wie die ernste Arbeit und das gesunde sittliche Verhalten über diese Nalurwüchsigkeit trümiphiren, die eine Schande sür den Staat war. Die Unterwerfung der Hochlande hat Blut gekostet, aber sie war segensreich für die Unterworfenen selbst, und wenn in Irland nicht ein gleiches Resultat erzielt wurde, so war der König nicht daran schuld.
Diese verwirrten Zustände muß man sich vergegenwärtigen, wenn man die Sympathie Macaulays für König Wilhelm, die so großen Anstoß erregt hat, richtig würdigen will. Wilhelm war keine liebenswürdige, er war im Grund auch keine heroische Natur; er war gegen seine englischen Unterthanen höchst ungemüthlich; zurückstoßend gegen die Vornehmen, die sich an ihn drängten, gleichgiltig gegen das Volk, daS ihn auf den Thron gehoben. Er kannte die Menschen seiner Zeit gut genug, um sie gründlich zu verachten, so gründlich, daß er es in den meisten Fällen gar nicht sür nöthig fand, ihre Verbrechen zu bestrafen. Großen, kühnen Entschlüssen war er abgeneigt; die kluge Berechnung und Erwägung aller Umstände war sein leitendes Princip. — Aber in seiner Persönlichkeit hätte das Bedürfniß der Zeit sich verkörpert. Sein Wille war fest und unbeugsam, von einer Zähigkeit, die sich von keinen Hindernissen abschrecken ließ; sein Verstand scharf und durchdringend, von keinem der damals herrschenden Vorurtheile getrübt. Seine frühere Zeit ist nicht frei von Schuld, aber er machte sie später durch eine Ehrlichkeit in seinen Mitteln und Zwecken gut, die zum Theil freilich mit der Klarheit seines Verstandes zusammenhing. Er, der einzige unter einer verderbten und schwächlichen Gesellschaft, wußte klar waS er wollte, verfolgte es mit unerbittlicher Ausdauer, und das, waS er wollte, war mit dem Gesammtwohl seines Staats identisch. Sein Triumph war also zugleich ein Fortschritt der menschlichen Entwicklung, und wir treten entschieden auf Macaulays Seite, wenn er ihn als seinen Helden feiert.
Die Phantasie wird in diesen beiden neuen Bänden im Ganzen weniger beschäftigt, als in den ersten; für die politisch-historische Einsicht aber sind sie noch ungleich wichtiger, und wir nehmen keinen Anstand, sie in Widerspruch