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Ein Freund von Lob und Schmeichelworten, für Wohlwollen und Gefälligkeiten dankbar, war er äußerst empfindlich, wenn man ihn neckte oder respectswidrig von ihm redete. Am allerwenigsten ließ er sich von den Dienstleuten Ungehörigkeit gefallen.
Doch beschränkte Riß seine Wirksamkeit nicht auf den Hof L., sondern suchte auch die Nachbarn heim, wie man an dem plötzlichen Umschwünge der Verhältnisse zu Gunsten dieser Nachbarn sehr bald inne wurde. Wo eine träge Frau oder ein streitsüchtiger Mann im Hause war, ging er vorüber. Merkte er wo einen bösen Kettenhund, so kam er gewiß nur einmal. Erfuhr er auf einer Hufe üble Behandlung, benahm sich ein Hauswirth undankbar gegen ihn, so rächte sich der Kobold unverzüglich durch Störung der nächtlichen Ruhe, durch Lähmung des Viehs, durch Milchverminderung bei den Kühen und andere Bosheiten.
Auf dem Hofe L., seiner engern Heimath, that er alles, was in seinen Kräften stand, den Stall in guter Ordnung zu hätten. Vor allem sorgte er dafür, daß die Kühe gehörig gefüttert waren, und pflegte zu dem Ende nicht nur den Nachbarn, sondern auch seinem eignen Quartiergeber das frisch ausgedroschne Getreide von der Tenne zu stehlen, um solches dem Viehe in die Krippe zu schütten. Der Urgroßvater erwähnter Großmutter verwies ihm dergleichen Unfug einmal allen Ernstes und gebot ihm den Unterschleif sein zu lassen, da die Drescher dadurch an ihrer Quote gekürzt würden. Riß hörte ihm demüthig zu, schlug aber die Predigt in den Wind; denn bald darauf sah man ihn wieder im Schneelicht mit einem leeren Sacke unterm Arm über den Hofraum schlüpfen und in der Scheune verschwinden, aus der er später schwerbeladen auf Umwegen nach dem Stalle zurückschlich. Der Viehstapel auf dem Hofe L. gedieh dabei natürlich wie nirgend anderwärts.
Proben der Art, in welcher Riß sich gegen das Gesinde benahm, erzählte die Großmutter mehre recht ergötzliche. Ein eben angezogener Knecht, der sich vielfach ungeberdig bezeigte, sich in die Hausordnung nicht schicken mochte und insbesondere an der ungenirten Einmischung des Kobold in die Angelegenheiten des Stalldepartements Anstoß nahm, hatte sich allerhand unziemliche Aeußerungen in Bezug auf Riß erlaubt, von „DüwelSpack" und „Aastüg" geredet und sich vermessen, „dat Untüg", wenn es ihm in den Weg geriethe, mit dem Stallbesen zu regalircn. Spät Abends, als dieser Zänker im Stalle nach seiner Schlafstätte suchte, hörte er bereits den Puck auf dem Boden rumoren und ramentern, und kaum war er eingeschlafen, so war Niß an seinem Bette. Der Knecht füllte die Bettstelle seiner Länge nach nicht ganz aus und das benutzte der Kobold zu einem sehr unangenehmen Possenspiel. Er trat an'das Fußende des Bettes, deckte den Schlafenden auf und schrie, wie verwundert über die mangelnde Länge: „Wat is dat? To kort!" Damit faßte