322
wurden. Bei dem oft plötzlichen Wechsel des herrschenden Systems sicherten sie sich klug den Uebergang nach der entgegengesetzten Seite.
In unsrer Synode galt die Union als l'ait avomnM; Sektirer und lutherische Altgläubige störten nicht den stillen Frieden des Pfarrhauses, das Amt wurde anspruchslos und freudig verwaltet, der Geistliche suchte im Verkehr mit. den Patronen und seiner Gemeinde sich vor dem separatistischen Stillleben zu bewahren. Die eigne Bestellung des nicht großen Pfarrackers schützte gegen theologische Grübeleien und Grillen, verknüpfte zugleich den Geistlichen auch nach der äußern Seite mit den Bauern, welche bei dem Erntefeste lebendig fühlten, daß der Ertrag des Bodens, die Wechsclsälle des Ertrags auch den Geistlichen mittrafen. Einige ältere Consynodalen hatten dem Pfarrer dadurch einen großen Nachtheil bereitet, daß sie den Einflüsterungen der Patrone und einem gewissen geistlichen Stolze nachgegeben und den Pfarracker vererbpachtet hatten. Eine falsche Auffassung des geistlichen Amtes, besonders der Beweggrund, die Geistlichen gegen das Verbauern zu bewahren, hatte zur Zeit in den Consistorien solche Vererbpachtungen begünstigt.
Außer den jährlich einmal abgehaltenen Synodaltagen, an welchen der Geistliche sein Neglige aufgeben und in amtlicher Toilette erscheinen mußte, waren die Kirchenvisitationen seitens des Superintendenten von besonderer Bedeutung. Sie fanden in der Regel alle drei Jahre statt, der Superintendent, dem die Last vieler Schreibereien manchmal die gute Laune verdarb, nahm gern diese Visitationen ab, sie gaben zugleich dem Geistlichen eine kleine Gelegenheit, jene Gastfreundschaft zu zeigen, welche er unter seinem Dache zu jeder Zeit uneigennützig ausübte.
Die Gemeinden sind verpflichtet, den Superintendenten mit anständigem Fuhrwerk abzuholen und zurückzufahren. War dieser in seinem Bezirke nicht beliebt, so mußte .der Wagen als erste Demonstration gegen den Visitator Zeugniß ablegen, eine alte Karrete, in welcher die Erzähler des vorigen Jahrhunderts das Wort Gottes vom Lande zur Stadt fahren lassen, rollte dann vor seine Thür und unter dem Lächeln der intelligenten Kleinstädter bestieg der hohe Kirchenbeamte den Wagen, in dessen Polstern bis vor wenigen Stunden die Mäuse ungestört ihre junge Brüt gesäugt hatten. Die schlaff gewordene Feder des Wagens setzte ocn Fahrenden rücksichtslos den Stößen auf den schlechten Landwegen aus und mit einer nicht geförderten guten Laune hielt endlich daS Gespann auf dem Pfarrhofe an.
Solche Neckereien durfte der Superintendent meines Bezirks nicht erwarten, der beste Wagen und die heißesten Pferde, welche der Sohn des Kirchenvorstehers lenkte, brachten den Visitator in seine Synode und nun begann das amtliche Geschäft.
Der Superintendent haßte gründlich die Schreibseligkeit, er liebte es nicht,
v