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nach meiner Schätzung in einer Länge von etwa sechshundert Schritt. Beide Lang- sciten des Platzes waren von Gardetruppen eingefaßt, so daß in ihrer Mitte ein Raum srei blieb, der einem Bataillon gestattet haben würde, in Front darüber hin zu marschiren. Es war noch kein höherer Pascha zur Stelle. Endlich kam eine Gruppe zu Fuß, vom anderen Ende des At-Meidan, meinem Aufstellungspunkt näher. Es war Omer Pascha, der Serdar Ekräm mit seineu Adjutanten. Mir fiel auf, daß er im Volke nicht gekannt wurde, und links, rechts und hinter mir Türken und Araber, Armenier und Griechen sich in Vermuthungen darüber ergingen, wer er sein möge. Er trug einen, da wo er nicht mit Goldstickerei bedeckt war, ius Grüne schimmernden Rock. Sein Bart war noch viel weißer geworden, als er mir im vergangenen Jahre an der Donau erschienen; außerdem schien es mir, als sei der Generalissimus bedeutend abgemagert. Aus seinen Ruf wurde ihm ein prächtig angeschirrtes Pferd gebracht, welches er bestieg, um in der Richtung nach der Sophienmoschee unter der Menge der Arabas (Wagen) zu verschwinden. Hiernach verging eine sehr einförmige Viertelstunde. Plötzlich ertönte ein türkisches Commando; die Truppen nahmen das Gewehr aus — kein Ausrichten fand statt'— die Trommel schlug und es wurde das Gewehr präseutirt, während vom Serail her einige Reiter erschienen. Es waren Herolde. Auf dem Kopfe trngen sie hohe rothsammetne Fez, mit einer lang und stattlich hernicderhängenden goldenen Quaste. Der übrige Anzug war ebenfalls roth. Dicht hinter den Herolden erschienen die vornehmsten Paschen, einzeln zu Pferde und umgeben vou ihren Dienern. Sie ähnelten in diesem Aufznge den großen Vasallen, die, von Knappen uud Knechten umgeben, gekommen sind, einem Höheren die Huldigung darzubringen, wie denn in dem Ganzen ein starker feudaler Zug ausgesprochen lag. Die Minister wurden, außer von ihren Dienern, ein jeder auch von einer kleinen Schützenwachc, bestehend aus zwei bis vier Manu, geleitet. Unter diesen Großen des Reiches trat Omer Pascha immerhin ziemlich unscheinbar auf. Viel Glanz umgab die Paschen der alt- türkischen-Partei, zumal Mehemmed Ali, den kaiserlichen Schwager. Dagegen erschien der Großvczier Aali Pascha ziemlich einfach. Reschid Pascha ist mir durch nichts Besonderes aufgefallen. Endlich rauschte es in der Menge nnd die Köpfe reckten sich hörbar und sichtbar empor; fünfzehn bis zwanzig stattliche Pferde erschienen, von Dienern geführt, sodann Musik, und gleich darauf der Kaiser, Sultan Abdul Medschid selbst, umgeben von seinem ganzen männlichen Hosstaat, er, unter so- vielen von Gold und Perlen strotzenden Würdenträgern der einzige Einfache, im neuen Paletot, aber aus dem Haupt den Fez mit der Neihersedcr nnd mit su»- kelnder Diamantagraffe. Brillanten sunkclten auch in Ucberfülle auf dem Geschirr und der Schabracke seines Rosses. Er sah, ich es kann nicht leugnen, ungeachtet seiner etwas gedrückten Haltung dennoch wie der vornehmste aus unter allen, und die Leichenblässe seiner Züge schieu dies Mal deren feinen Ausdruck noch zu heben. Unmittelbar hinter dem Gefolge des Sultans schritt eine Trabantengarde daher, im besonders auffallenden Costüm, deren Kopsputz ich möchte sagen an den der Indianer in Amerika erinnerte. Bei aller Pracht, welche der Zng zur Schau stellte, machte er dennoch nicht im mindesten den Eindruck von Eleganz. Mir scheint, daß er in dieser Hinsicht von jeder berliner oder Potsdamer Parade über- trvffen wird. — Ich konnte es nicht über mich gewinnen, die Rückkehr des Sul-