Contribution 
Der Besuch der Königin von England in Paris.
Page
427
Turn right 90°Turn left 90°
  
  
  
  
  
 
Download single image
 

427

sirtes Nationalgefühl gebracht werden, welches die Regierung wieder als einen Positiven Gewinn betrachten kann, und nebenbei ist jeder Schaden, den die Verbündeten den Russen zufügen, mit einem entsprechenden von ihrer Seite verknüpft. Die Bomben, welche das Innere der Festung Sweaborg zerstört haben, kosten auch Geld, und die Rechnung der Belagerung von Sebastopol wird sehr bedenkliche Zahlen enthalten.

Rußland kann zum Frieden nur durch einen ungeheuern Landkrieg oder durch die sichere Androhung eines solchen gezwungen werden. Dazu reichen die Kräfte der Verbündeten auch dann nicht aus, wenn sie ihre Fremdenlegionen verdoppeln und wenn außer Piemont noch Spanien, allenfalls auch Schweden auf ihre Seite tritt, obgleich das Letztere gewiß nicht geschehen wird, solange Deutschland neutral bleibt. Einen entscheidenden Schlag gegen Nußland können die Westmächte nur dann führen, wenn sich Deutschland an sie an­schließt. Nun haben sie zwar manche Mittel, auf den Willen der beiden deutschen Großmachte einzuwirken, sie können Oestreich in Italien, Preußen in der Ostsee Schwierigkeiten bereiten, aber damit ist immer die Gefahr ver­knüpft, beide Staaten um so schneller zum russischen Bündnisse zu treiben und wenn Frankreich eine solche Wendung vielleicht wünschenswerth wäre, so kann sie England nicht zugeben. Es wird den Westmächten daher nichts übrig bleiben, als Deutschland durch positive Versprechungen zu gewinnen und zwar durch Versprechungen, die sich auf Territorialveränderungen beziehen. Bisher hat Frankreich Deutschland gegenüber noch immer die Politik Richelieus verfolgt d. h. es hat auf jede Weise verhindert, daß in diesem Territorium ein unab­hängiger und mächtiger Staat entstand. Von Richelieu war ein solches Ver­fahren wol zu begreifen, denn ihm stand das Gespenst der östreichischen Uni­versalmonarchie gegenüber und von einem mächtigen und furchtbaren Reich jenseits der Weichsel war noch keine Rede. Seitdem aber die slawische Masse sich zu einem erobernden Reich krystallistrt hat, kommt es darauf an, in Deutschland ihm eine mächtige Brustwehr entgegenzusetzen und nur der Aber­glaube an die alten, seit Richelieu eingewurzelten Vorurtheile hindert die Fran­zosen, diesen Schritt in der Erkenntniß zu thun. Die Eifersucht der Engländer ist noch kleinlicher. Wenn sie sich die Möglichkeit eines deutschen Staats den­ken, der mehr Kriegsschiffe ausrüsten kann, als die Amazone, so träumen sie bereits von einem Krieg auf Leben und Tod.

Wenn nun die beiden Nationen in dieser systematischen Feindschaft gegen Deutschland beharren, so werden sie im Laufe der Zeit genöthigt sein, einen Frieden mit Rußland zu schließen, der bei dem jetzigen Stand der Sympathien in England und Frankreich zu innern Erschütterungen von ungeheurer Trag­weite führen würde; und da man den Trieb der Selbsterhaltung als das mächtigste Motiv der politischen Erkenntniß betrachten darf, so ist wol zu

S4*