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der die Zuschauer anredet: „Sie werden hier ein Stück sehen u. s. w.?"— Die handelnden Personen sprechen bald in ihrer Rolle, bald als Schauspieler; das ist noch nicht genug: auch die dargestellten Rollen sind etwas Anderes, als wofür sie sich ausgeben. So wird z. B. Apoll und die neun Musen dargestellt; die Musen sind Grisetten, und sie werden dargestellt von Frauenzimmern, die weder Grisetten noch Musen sind. Das Publicum selbst tritt im Schauspiel auf; in diesem Schauspiel wird wieder ein anderes Schauspiel ausgeführt, in diesem andern Schauspiel ein drittes und darin noch ein viertes. Dieser ungeheure Apparat, um einen doch nur sehr dürstigen Scherz hervorzubringen, macht einen höchst unbehaglichen Eindruck.
Das Positive in diesen aristophanischen Lustspielen ist der Krieg gegen den Idealismus in allen Formen, gegen den Ernst überhaupt, oder wenn man will, die Apologie des durch Gottsched verbannten Hanswurst. Hauswurst soll wieder der Apollo des Theaters werden und Colombine seine Muse. Das Vorbild, welches dem Dichter vorgeschwebt, ist Goethes „Triumph der Empfindsamkeit", jene Verspottung eines falschen Idealismus, an dessen Ursprung sich Goethe mitschuldig fühlte. Schon im „Triumph der Empfindsamkeit" ist bei der vortrefflichen Anlage die Ausführung mittelmäßig, und die Einmischung eines ernsthaft gemeinten Mono- drams als Contrast gegen die Caricaturen hat der Dichter selbst später als einen Frevel empfunden. Tieck hat sich durch diese Erkenntniß nicht von einem zweiten Versuch derselben Art abhalten lassen.
Die Elemente, die in den Volksmärchen zerstreut sind, hat der Dichter in dem Drama: Prinz Zerbino, oder die Reise nach dem guten Geschmack, gewissermaßen eine Fortsetzung des gestiefelten Katers (1799), aristophanisch zu krystallisiren gestrebt. Das Stück hat noch in unsern Tagen zahlreiche Bewunderer, obgleich der Geschmack wesentlich eine andere Richtung genommen hat. Wenn diese Bewunderung zum Theil sich auf den innern Werth einzelner Stellen bezieht^ auf die treffenden Witze und ansprechenden Melodien, so hat sie doch zugleich einen andern, weniger erfreulichen Grund. Es ist die Freude einer Bildung, die ihren innern Kern verloren hat, mit ihrem Inhalt spielen zu können, in derselben Weise, wie heutzutage die politischen Witzblätter mit dem Inhalt der modernen Ueberzeugungen spielen.
Die Methode der Composition entspricht der „verkehrten Welt". Es ist die ausgesprochene Zwccklosigkeit, die als solche, wie es auch Schlegel in seiner Kritik des Aristophanes ausführt, den höchsten Gipfel der echten Kunst erstiegen zu haben glaubt. Zwar tritt dies Mal kein PublicuM auf, das der Handlung des Stücks gegenüberstände, dafür wechseln die Figuren des Stücks selbst beständig ihre Rollen; balv handeln sie naiv als wirkliche Personen, bald erinnern sie sich daran, daß sie nur Schöpfungen der poetischen Einbildungskraft sind. Einmal machen sie sogar den Versuch, die Mechanik deS Stücks zurück-