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Pariser Brief.
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und Graf Nomv, getrieben von einem unerklärlichen Hasse, der seit Jahr­hunderten ihre Familien gegeneinander beseelt, fordern sich zum Zweikampfe heraus. Paris will diesen Kampf verhindern und während die trunkene Menge sich verliert, um in den Restaurants der Boulevards die Fort­setzung ihrer Orgien zu seiern und der Pantheon vor dem Blicke des Zuschauers erscheint, tritt die Statue Frankreichs von dem Giebcldache herunter, um im Verein mit Paris die beiden feindlichen Brüder zu retten. Sie wissen dies nicht anders zu bewerkstelligen, als indem sie Armin und Rom«; in tiesen Schlaf versenken und ihnen im Traume die verhängnißvolle Geschichte ihrer Race zeigen. Hiermit endigt der Prolog.

Das Stück selbst beginnt mit Merlin, also glücklich genug nicht mit dem Sündenfalle des ersten Menschenpaares, nicht mit dem ersten Zweikampfe zwischen Abel und Kam. Merlin wird in eine Zaubergrotte versetzt, obgleich die Sage ihn von Viviane unter einen Strauch gebannt halten läßt. Velleda hat einen Fehltritt begangen. Velleda ist die Seele von Paris, die später in Heloisens sterblicher Hülle, dann in Jeanne d'Albret und endlich in Mme. Roland Obdach sucht. Die Metempsychose ist das symbolische Band des Stückes wie der Geist der feindlichen Nacen das factische. So wandert Frank­reichs Seele nach und nach von der heiligen Genoveva in Jeanne d'Arc, von dieser in Louise de la Balliere (!) und Charlotte Corday aus und ein. Der Zauberer Merlin wird später Abälard und Moliere, die römische Courtisane Jmperia erscheint als Melusine, Katharine von Medicis und end­lich als Magdalena in der Courtisane der Revolutionszeit unter dem Namen der kleinen Lütticherin bekannt u. s. w.

Also Velleda, sagten wir, hat einen Fehltritt begangen. Die geheiligte Druidin hat außer ihrem Gatten Frank noch wie Norm« den Proconsul Julius Marcius geliebt und von beiden einen Sohn gehabt. Frank bringt den Schänder seiner häuslichen Ehre in einem Zweikampfe um und Velleda, von ihrem Schwager Thorn verrathen, weiht sich auf Merlins Geheiß dem Tode. Sie vertraut diesem im letzten Augenblicke zwei Stücke ihres heiligen Hals­bandes an, das eine für den Sohn von Julius Marcius, das andere ihr ins Grab zu legen, ein drittes gibt sie ihrem letzten Sohne Herrmann, damit er daran seine Brüder erkenne. Thorn aber, statt die Brüder zu versöhnen, flüstert Herrmann zu: dies ist der Sohn des Mannes, der deine Mutter entehrt und dem andern: dies ist der Sohn vom Mörder deines Vaters. Zweikampf. Cäsar war gekommen, Lutetia zu erobern in dem Momente, wo Velleda mit ihrer goldenen Sichel sich den Hals abschneidet. Merlin prophezeit ihr den Fall des römischen Reiches und die künftige Größe Lutetiens. Cäsar betrachtet diese armen Fischerhütten mit Ironie und glaubt offenbar nicht an Merlins Weissagung, denn er hält sie in seinen Commentaren keiner Erwähnung werth.

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