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wissen Theil der Getödteten zu melden, während die übrigen noch in den Listen fortgeführt werden und zum Vortheil der Obersten Löhnung und Rationen forterhalten. Die Obersten leben von den Rationen der Todtgeschossenen! Gefahr der Entdeckung ist nicht vorhanden, denn die meisten Generale haben eS früher ebenso gemacht, oder besassen sich in ihrer jetzigen Stellung noch mit ähnlichen Praktiken, und die untern Offiziere hoffen ihrer Zeit selbst Obersten zu werden. Ich kenne einen Regimentscommandeur, der von der Zeit an, wo sein Regiment im letzten Sommer ausmarschirte, bis Ende vorigen Novembers seiner Familie allwöchentlich zwei- bis dreitausend Rubel schickte, obgleich er selbst kein Vermögen hat. Natürlich rühren diese Summen von den den Nationen für die Leute und die Pferde unrechtmäßigerweise gemachten Abzügen her, denn der Betreffende commandirte ein Cavalerieregiment. Der russische Soldat führt ein so elendes Leben, daß ich fest überzeugt bin, die Hälfte zieht den Tod auf dem Schlachtfelde der Fortdauer einer so jammervollen Existenz vor. Für die Thiere wird noch besser gesorgt, als für die Menschen und ein alter Cavalerieoffizicr erzählte mir einmal, daß eine strenge Untersuchung angestellt würde, wenn ein Pferd fällt und daß der Rittmeister Arrest bekommt, wenn ihm die geringste Nachlässigkeit nachzuweisen ist. Wenn dagegen ein Soldat stirbt und dem Obersten dies gemeldet wird, so sagt er „der arme Tropf! Ich hoffe, er ist im Himmel," und dabei hat es sein Bewenden. DieS läß sich leicht erklären. Der Oberst empfängt jährlich eine bestimmte Summe znm Anschaffen der Pferde für das Regiment, und er hat daher jeden Verlust aus seiner Tasche zu bezahlen; die Mannschaften dagegen kosten ihm nichts. Die Soldaten erhalten von der Regierung dreimal wöchentlich Fleisch, außer in der Fastenzeit, und Branntwein Sonntags und an hohen Festtagen. Meistens schlagen die Offiziere den Mannschaften vor, sich anstatt der Fleischrationen Geld auszahlen zu lassen und sich selbst zu beköstigen. Natürlich sind die Mannschaften damit einverstanden, denn ein Vorschlag von einem Offizier ist so gut wie ein Befehl; aber sie bekommen nie mehr als ein Viertel des Geldes zu sehen, welches auf folgende Weise verwendet wird: Der Oberst nimmt ein Viertel, die Bataillonscommandeure ebenfalls eins und die Hauptleute der Compagnie ein drittes Viertel, während die Mannschaften den Nest erhalten. Es zeigt sich hier nur dasselbe System, was im ganzen Reiche herrscht — ein ungeheures System von Betrug, Unterschleis und Diebstahl.
Trotz der ausgedehnten Anstalten zur Erziehung von Militärs in Rußland hält es doch sehr schwer, sür neue Aushebungen Offiziere zu bekommen. Alle Offiziere müssen adlig sein und sich einer Prüfung in verschiedeilen wissenschaftlichen Fächern unterwerfen. Ein zur Engagirung von Offizieren in eine Stadt des Südens geschickter Oberst überredete eine Anzahl Schreiber aus den Regierungserpeditionen zum Eintritt in die Armee. Obgleich ihrem Range Grenzbolen. III. -18öS. 37