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Neue deutsche Memoiren. 1.
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laubniß zur Weiterreise, sondern der Befehl selbst nach Mitau zu kommen. Anfangs sollte Ledebur hier gleich einen Paß erhalten, aber als er wegen des drohen­den Vorrückens der Franzosen gegen die russische Grenze den Wunsch aussprach, nicht als Offizier genannt zu werden, schöpfte der Gouverneur gleich wieder Verdacht, und erklärte, erst nach Petersburg berichten zu müssen. Zum Glück fand Ledebur umer dem kurländischen Adel zahlreiche Bekannte, die theils selbst im preußischen Heere gedient hatten, theils Verwandte in dessen Reihen hatten, und so erlangte er denn endlich durch Verwendung der Herzogin von Kurland einen Paß, der ihm gestattete am 18. December nach fast vierwöchent­lichem Aufenthalt in Nußland nach Preußen abzureisen, und am 20. in Po- langen einzutreffen. Ledebur eilte nun nach Königsberg, denn er brannte vor Begier wieder vor den Feind zu kommen, aber so wohlwollend er von dem König und seinen Vorgesetzren aufgenommen wurde, machte es sich doch mit seiner Anstellung nicht so rasch, da sein Regiment in Magdeburg capitulirt hatte und daher nicht mehr vorhanden war. Zuletzt sand er unter seinem Freund Borstell eine Stelle als Volontär bei einem Commando der Garde du Corps, welches Ende December die Vorposten gegen den Feind bezog. In diesem durch die schlechte Jahreszeit doppelt schwierigen Dienste zeigte sich Ledebur sehr thätig und erwies sich als ein sehr unternehmender Reiterosfizier, der dem Feind keinen Augenblick Ruhe ließ. Ueberhaupt war hier in Ost­preußen ein ganz anderer Geist in der Kriegführung, wie im Anfang des Feldzugs von 1806, und jeder einzelne schien zu fühlen, daß er fein Mög­lichstes thun müsse, um die Scharte, welche die Ehre der preußischen Armee bei Jena und Auerstädt erlitten, wieder auszuwetzen. Es war die Zeit zwischen den Schlachten von Eilau und von Friedland, wo sich das Glück der Waffen wieder aus Seiten der verbündeten Preußen und Russen zu wenden schien, und wo die Hoffnung, den gehaßten Feind zu besiegen, die Kräfte eines jeden zu verdoppeln schien. Der kleine Krieg, in dem Ledeburs Commando beschäf­tigt war, war reich an kecken Streichen, und Ledebur selbst hatte das Glück, bei einem der gelungensten, dem Uebersall von Bialokowo, der Anführer zu sein. Er hatte von Borstell Befehl erhalten, eine Patrouille von einem Unter­offizier und sechs Mann gegen das belagerte Graudenz vorzuschicken, fand es aber für gerathener, den Zug selbst in Begleitung von zwei Unteroffizieren und zwanzig Garde du Corps zu unternehmen. Im Städtchen Garnsee zog er Er­kundigungen über die Stellung der feindlichen Truppen ein, und erfuhr hier, daß sich im Dorf Bialokowo das Hauptquartier der Hessendarmstädter, nur von wenig Cavalerie geschützt, befinde. Diese Nachricht brachte ihn auf den Ge­danken, einen Ueberfall zu versuchen und womöglich die ganze Gesellschaft sammt dem französischen General Noyier und dem Prinzen Wittgenstein, die im Dorf lagen, gefangen zu nehmen. Zwar erfuhr er, als er sich bereits inner-