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Correspondenzen.
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wenn die Ceruirungslinie, wie es der Fall ist, wenn man die Nordforts in den Kreis zieht, zehn Stunden umfaßt, sie alle Kräfte wegnimmt nnd für die Formi- rung der Feldarmee, die doch der russischen mindestens numerisch gleich sein müßte, keine mehr übrig bleiben werden.

Die Krim ist nicht anders als wie ein starker und hochgeästeter Niesenbaum anzusehen, dessen Stamm- und Wurzelende mau bei Perekop zu suchen hat. Seine äußerste Kronenspitze ist Scbastopvl; hat nnn wol jemals ein Holzfäller es unter­nommen, zur Krone hinanzusteigen, um in halsbrcchcnder Stellung diese herunter­zuhauen nnd darnach von oben herab Zweig aus Zweig? Ist es im Gegentheil nicht um vieles natürlicher, die Axt dem Stamme an die Wnrzcl zu legen?! Weiß man etwa in Frankreich nicht mehr, daß der Augriff im strategischen Sinne nichts Entscheidenderes thun kann, als gegen die Verbindungen der Vertheidigung zu agiren und diese aus nichts zwingender hingewiesen ist, wie auf deren Währung?! Gäbe man den ganzen Bclagernngspark dem Feinde preis und sammelte man die Armee in Eupatoria, so ist klar, daß ein einziges Vorrücken um einige Meilen von dort aus gegen Simphervpol den Feind aus dem Süden der Halbinsel abrufen und zum Rückzug aus Perekop zwingen würde, denn er liefe Gefahr, seine Communicationcn, aus denen ihm Verpflcgungsmittel und Munition zugehen, durchschnitten zu sehen.

Es stellt den französischen Heerführern (denn sie sind die Leiter des Ganzen) und weniger noch denen, die in Paris lenken, wahrlich kein schmeichelhaftes Zeugniß aus, daß sie klare Verhältnisse, wie die oben berührten, seither verkannt haben. Auch wcnu sie keine Militärwissenschaft studirt hätten, der gesunde Menschenverstand, sollte man meinen, müßte sie daraus hingcleitet haben. Es ist dieses Unterlassen der Concentrirnng bei Enpatoria die Wiederholung des an der Alma begangenen Fehlers im größer» Maßstabe, man opfert, indem man in der Fronte fortfährt anzugreifen, unnütze Kräfte, während ein Vorgang gegen die Flanke und den Rücken des Feindes alles zur schnellen und vielleicht verlustlosen Entscheidung bringen würde.

Der die sjähr ig e S om m er in Stambnl. In den vor einigen Monaten von mir geschriebenen Briefen bemerkte ich bereits, wie sich das gegenwärtige Jahr gleich dem letztvergaugenen durch eine außerordentliche Fülle der Vegetation aus­zeichnet. Dieser Vorzug kann im hiesigen, mit Baumwuchs nicht in allzuhohem Maße gesegneten warmen Süden kaum hoch genng angeschlagen werden. Man steht noch heute die Hügelketten, welche auf der europäischen wie auf der asiatischen Seite die Hauptstadt einschließen, im Schmuck eines von den letzten Regengüssen und den thaureicheu Nächten angcsrischtcn Rasens prangen und der Bosporus, wel­cher in den beiden heißen Iahren 1851 und 52, namentlich im erstcrn, auch den aus der Ferne hier Ankommenden ziemlich kahl erschien, macht jetzt wirklich den Eindruck eines Wasserstrciseus, aus dessen Ufern die rumclische und anato- lische Waldzone einander begegnen. Die Umgegend, die Meerenge selbst und die Prinzeninseln sind daher in diesem Jahre mehr, wie in irgendeinem vorher gegangenen, Zielpunkt für die alljährlich wiederkehrende temporelle Auswauderuug der hiesigen vornehmen Welt und des begüterten Handelsstandcs geworden. Da gleichzeitig die Zahl der Landhäuser sich nicht in dem Verhältniß wie die Familien vermehrt hat,