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1: 1902
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Alfred Funke: Zahl und Stellung der Deutschen in Ria Grande da ^ul. tz

alle Truppeil von ihm ab, nur die deutschen Söldner blieben treu. Damals wurden von den er­bitterten Moldauern die Deutschen in Suczawa hingemordet, und dieses Schicksal traf auch die deutsche Besatzung der fürstlichen Burg, nachdem dieselbe sich hatte ergeben müssen. Ebenso wurden auch im f7. Jahrhundert, besonders von dem Mojwoden Basil Lmpulj6ö4), deutsche Söldner geschätzt. Unzweifelhaft waren auch deutsche Kaufleute und Handwerker in der Moldau tätig. Schon in einer Zollurkunde vom Zahre j^07 werden deutsche und armenische Magen unterschieden; der Mauthzoll für den ersteren betrug in Tzernowitz vier Groschen, während für den armenischen sechs gezahlt wurden. Uns rege Handelstätigkeit der Deutschen in Suczawa deutet die oben zitierte Urkunde aus dem Zahre f^75. Deutsche Arbeiter und Künstler müssen wegen des Mangels an einheimischen Kräften geschätzt worden sein; es ist auch zweifellos, daß in der Moldau und Bukowina deutsche Handwerker und Künstler wirkten. Höchst interessant ist vor allem der in den letzten Jahren festgestellte Umstand, daß auf einigen bedeutenden Bauten in der Buko­wina Steinmetzzeichen deutscher Meister aus dem s6. Jahrhundert nachgewiesen wurden. Zu diesen Bauten gehören besonders die Georgs- und die Demetriuskirche in Suczawa, von denen die erstere letztere um soZs erbaut wurde, ferner die f602 erbaute Klosterkirche von Dragomirna.

Seit dem j6. und insbesondere im s7. Zahrhundert ist das deutsche Mesen in der Moldau im Rückgang begriffen und schwindet schließlich völlig. Mo die Deutschen nicht mit Gewalt unter­drückt wurden, wie in Suczawa, haben sie sich schließlich wenigstens zum Teil roinanisieren lassen. So fand sich z. B. auf dem wüsten Friedhofe in Baja das Bruchstück eines Grabsteins mit den Morten:Hier ruhet Buna Göbel" in kvrillischen Buchstaben und rumänischer Sprache. Mit dem Deutschtum ging auch der Katholizismus und der Protestantismus zurück. Erst um die Mitte des j8. Jahrhunderts sollte ein neuer Aufschwung beginnen.

Zalil und Stellung den rleuttclien m Hio Hnan-e -o 8ul.

Don lllkned llunke.

Bei der langjährigen Vernachlässigung der Deutschen Brasiliens muß es fast wunderbar er- / scheinen, daß diese trotz der Gleichgültigkeit der Heimat so zähe an Sprache und Sitte festgehalten haben, daß man bei einem Besuche rein deutscher Kolonien versucht sein könnte, sich an den Strand ^ der Mstsee oder in den Hunsrück versetzt zu glauben, weiln nicht Palmen an den Megen, wogendes Zuckerrohr auf den Feldern und die schwarzen Bohnen im Topfe daran erinnerten, daß wir auf 29° S. B. deutsche Grüße tauschen. Sm Hinblick auf das Aufgehen so vieler Tausende in den ' Anglizismus Nordamerikas, ihr vergessen oder bewußtes Abwerfen deutscher Sprache und deutschen Mesens ist oft die Frage erörtert worden, welche Gründe für den riograndenser Deutscheil maß­gebend, ja zwingend sein mußten, ihn in seinem Deutschtum zu stärken und zu erhalten. Meines Trachtens ist der Hauptgrund die oft unbewußte Erkenntnis des nationalen Merts gegenüber denl tusobrasilier, das Selbstbewußtsein, welches eine schaffende Tätigkeit und ihre Erfolge dem deutscheil Manne verlieh, weiln er auf seine Mitbewohner im blickte.

; Es wäre verkehrt, die Anhänglichkeit des Deutschen all seine Muttersprache aus rein ethischen

Gründen Herleiteil zu wollen. Mft habe ich aus dem Munde deutscher Bauern gerade das Gegenteil voll Sehnsucht oder übermäßiger Mertschätzung der Heimat vernommen. Der Ansiedler, welcher nach den erstell Zähren gemeinsamer Not zu einem verhältnismäßig großen Mohlstand ge­kommen ist, denkt nicht daran, Heimweh nach den poininerschen Gütern, auf denen er als Tage­löhnergeschafft" hat, oder den Höhen des Hunsrücks und Ddars, auf denen er kaum die täg- ? liehenKrumbeeren" ernten konnte, zu empfinden, sondern findet seine neue ^age trotz der ununter­brochenen harten Arbeit in der Pflanzung ungleich erträglicher, da sie ihn niemals zu direkten Nahrungssorgen kommen läßt. Um so eher sollte daher die Gefahr an ihn herantreten, nicht nur den Boden, auf dem er seine Ernte sammelt, lieb zu gewinnen, sondern auch die Sprache und Sitte derjenigen, welche vor ihm und mit ihm dieses Stück Erde bewohnt haben, der Brasilier. Aber die Vertreter des brasilischen Volkes lernte der deutsche Kolonist nur als das gewöhnliche, arme, unwissende Volk der Serra oder als Beamte der Regierung kennen. Der gewöhnliche

Deutsche Erde. IY02, s. lieft. 2