Jahrgang 
1914
Seite
146
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Reklame für die Fremdenlegion!

Wer kennt nicht Gottfried Kellers tiefeindringliches Gedicht Schlafwandel".*)

Zm afrikanischen Felsental marschiert ein Bataillon, sich selber fremd, eine braune Schar der Fremdenlegion.

Lang ist ihr wildes Lied verhallt in Sprachen mancherlei; stumm glüht der römische Schutt am weg, schlafend ziehn sie vorbei.

Unter der Trommel vorgebeugt der schlafende Tambour geht, es reitet der Kommandant zu Roß, von webender Glut umweht; es schläft die Truppe Haupt für Haupt unter der Sonne gesenkt, von der Gewohnheit Lisenfaust in Schritt und Tritt gelenkt.

Und was sonst in der dunklen Nacht das Zelt nur sehen mag, tritt unterm offnen Himmelsblau im wüstenlicht zutag.

Es spielt das schmerzliche UUenenspiel unglücklichen Mannes, der träumt; von Gram und Leid und Bitterkeit ist jeglicher Mund umsäumt.

Ls zuckt die Lippe, zuckt das Aug', aus dürre Wangen quillt die unbemeisterte Träne hier, vom Sonnenbrand gestillt.

Sie schaun ein reizend Spiegelbild vom kühlen Heimatstrand, das grüne Kleefeld, rot beblümt, den Vater, der einst den Sohn gerühmt, Verlornes Iugendland.

Lin Schuß da flattert's weiß heran, und schon steht das Karree schlagfertig und munter, und keiner sah des andern Ren und weh; nur zorniger ist jeder Mann, willkommen ihm der Streit, doch wie er kam, zerstiebt der Feind, wie Traum und Reu so weit.

Ist dies Gedicht nicht eine ergreifende Schilderung des Lebens in der Fremdenlegion? Ist es nicht eine meisterhafte Zusammen­fassung der Zustände, wie wir sie dort finden? Da wird gesprochen vom leidenbringenden Marsch durch die öde Sandgegend. Da sieht man die Gestalten aus aller Herren Länder, die nur eins zusammen- hält, die Eisenfaust der Gewalt. Da hört man Seufzen und Stöhnen. Da erblickt man von Schmerz und Reue vergrämte Gesichter. Da fühlt man die Trauer um verlorenes Glück. Da merkt man die unauslöschliche Sehnsucht nach Heimat und Elternhaus. Da klagt

*) vgl. Gesammelte Gedichte von Gottfried Keller. 2 Bd. Geb. je 3,80 Mk. Stuttgart u. Berlin. I G. Totta'sche Buchhandlung Nachfolger. Zn demselben Verlage sind auch die gesamten Werke Kellers (^o Bde., je 3,80 Mk.) erschienen.

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