Jahrgang 
1914
Seite
98
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Drei Bilder will ich Euch zeigen, die ich selbst geschaut habe in diesem Paradies. Wohl tausend stehen mir im Haupt. Aber diese drei wähle ich aus, weil mir in ihnen am körperhaftesten entgegen­tritt, was der Skilauf mir geworden ist, und was er jedem werden kann, der gesunde Glieder hat: Ein Jungbrunnen. Ein Glück ohne gleichen. Ein Gottesdienst.

Münchens Hauptbahnhof im Abend eines Wintersonntags. Wie ich daran denke, klingt mir die Sehnsucht im Herzen wie junger klingender Frost. München, winterliches München, wie Weihnachts­zauber tönt dein Name durchs Gemüt!

Ein Zug ist eingelaufen in die hohe Halle. Von Schliersee, oder von partenkirchen, oder von Tegernsee. Aus dem Zuge quillt es nun: Woge auf Woge von Jugendkraft. Jüngling und Jung­frau, Mann und Weib. Bayern und Schwaben Norddeutsche nicht minder, denen München Heimat ward oder liebste Gastgeberin. Alle frisch, alle stark. Blonde Häupter und dunkle. Aber auch das weiß desAlters" fehlt darunter nicht. Des Alters? Frage den Graukopf dort, den mit dem starken Schnauzbart und dem Gesicht, woraus die Bergsonne brennt (der Aalender verzeichnet, wie ich dir verraten kann, seinen Geburtstag auf den 8. Dezember 1.85 0, wiealt" er sich fühlt. Er wird dir lachend erzählen, darüber habe er in den letzten wintern nicht mehr nachgedacht; besonders aber nicht in den letzten vierundzwanzig Stunden, wo er sehr viel Andres zu tun gehabt habe: Nämlich gestern um Mitternacht beim Wirt Antesberger hinter Schliersee die Bretter an die Füße zu schnallen, dann durch die Sternennacht Hinaufzugleiten, Stunde um Stunde, zur Rotwand (verflucht, gerade im Walde ging die Laterne immer aus!) - und heute einen ganzen Sonntag zu durchjubeln bis zum letzten Jauchzen beim Kruzifix an der Spitzingstraße, wo die Bretter abgeschnallt wurden (bis zum nächsten Sonnabend).

Der Zug ist leer. Die Menschenwoge flutet den Bahnsteig entlang dem Ausgange zu. Bergeslust weht von fünfhundert Gestalten. Aber was ist das, was da mit einem Male aufwärts starrt in das Abenddunkel wie ein plötzlich gewachsener beweglicher Wald? Die tausend Skier sind's, die sie nun geschultert haben die leise schwanken im Marschtakt, der sich bald herausbildet. Jedes-