Volume 
1914
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werten, denen Gelegenheit geboten wurde, Geld zu häufen daß die ihre Zeit im Kaffee versitzen, irn protzigen Auto zum Rennen fahren, hinter Spiegelscheiben Diners schlemmen, Reiher­federn tragen und sich allen Behang anbinden, den eine erfinde­rische Industrie befiehlt. Das sind dannvolkswirtschaftliche Rück­sichten": wenn etwas Überflüssiges ersonnen wird und wenn es Abnehmer findet.

Das Wortentsprechend leben" kennzeichnet unsre Zeit. Der beschämende Maßstab, woran sie die Lebenswerte mißt, ist aus­schließlich das Einkommen. Für jedes Einkommen gibt es einen entsprechenden" Aufwand. Der größte Aufwand, der Luxus, gilt als das Ersehnte; wer ihn aber nicht treiben kann, der treibt dann doch wenigstens so etwas, wiemäßigen Luxus."

Es gehört ja überhaupt schon die ganze Blindheit einer gewissen Sorte moderner Nationalökonomen dazu, um im Luxus überhaupt etwas für dieVolkswirtschaft" Erstrebenswertes zu sehen. Die ganze Blindheit, mit der der Kultus der toten Sache ihre Priester zu schlagen pflegt, die nun nicht mehr sehen können, wie unsinnig es ist, wenn große Teile der Kräfte der Menschen zur Herstellung von Unnützem und vielfach sehr Schädlichem verschwendet werden. Aber dermäßige Luxus", dieses Talmiding, ist geradezu die Schande unsrer Zeit. Denn das mit ihm untrennbar verbundene Bestreben, nicht nur das Einkommen, was man hat, sondern auch das, was man vortäuschen muß, an dem Aufwand, den man treibt, erkennen zu lassen, macht die Menschen zu willenlosen Sklaven ihres Geldes. Wer heute eine Gehaltaufbesserung bekommt, sagt:jetzt kann ich mir etwas Luxus leisten", und gibt dadurch zu erkennen, daß er denmäßigen Luxus" entbehrte. Und von nun an wird er immer noch etwas entbehren bis die neue Gehaltaufbesserung kommt und die nächste und so fort. Er wird seiner Gewohnheit treu bleiben und sich vom Gelde abhängig fühlen, er wird Lakai bleiben.

Dermäßige Luxus" verdirbt das Volk, er schafft Unruhe, Unzu­friedenheit, Kulturlosigkeit. Ein Volk, dasmäßig Luxus treibt", ist würdelos. Es trägt die Zeichen des Emporkömmlings zur Schau. Es hat noch keine Kultur.

Es ist das Wesen desmäßigen Luxus", daß er dem Menschen, den er beherrscht, nicht erlaubt, die Gesetze zu erkennen, nach denen sich die Bedürfnisse des Menschen richten. Der Römer Lucius Annaeus Seneca bekämpfte den Luxus und sagte:Vermindere dein Gepäck.