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Deutschland als Kolonialmacht : Dreißig Jahre deutsche Kolonialgeschichte / Hrsg. vom Kaiser-Wilhelm-Dank Verein d. Soldatenfreunde
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dieses System durchführbar und für beide Teile zweckmäßig ist. Es ist deshalb zu hoffeu, daß die Reform der Arbeitergesetzgebung, die der neue Gouverneur mit glück­licher Hand begonnen hat, weitergeführt wird. Und bei der Gewandtheit und dem zu Tage getretenen Zielbewußtsein des Staatssekretärs kann man erwarten, daß es gelingt, die Neichstagsmehrheit von der Notwendigkeit der Neuerungen auch im Interesse der Arbeiter zu überzeugen. Dann wäre der Kolonie in der Hauptsache geholfen.

Jetziger Zustand und Aussichten der Kolonie.

Die Verwaltung.

Das deutsch-ostafrikanische Schutzgebiet wird von dem Kaiserlichen Gouverneur, zurzeit Exzellenz Dr. Schnee verwaltet. Sein Vertreter ist der erste Referent, zurzeit Geh. Reg.-Rat Methner. Der Gouverneur ist befugt Polizeiliche und sonstige die Ver­waltung betreffende Vorschriften zu erlassen und gegen deren Nichtbefolgung Gefängnis bis zu drei Monaten, Haft, Geldstrafe und Einziehung einzelner Gegenstände anzudrohen.

Bei der Gesetzgebung steht dem Gouverneur beratend der Gouvernementsrat zur Seite. Er besteht außer dem Gouverneur aus Mitgliedern, die dieser beruft. Zurzeit gehören ihm an

amtliche Mitglieder: der Erste Referent, der Oberrichter, der Kommandeur der Schutztruppe;

außeramtliche Mitglieder. Der Gouverneur hat zwölf in der Kolonie ansässige Privatleute und ebensoviel Stellvertreter berufen. Die Berufungen erfolgten aus je fünfzehn als Mitglieder und Stellvertreter von den männlichen deutschen Staats- augehörigen der Kolonie präsentierten Personen. Das Schutzgebiet ist zu diesen: Zwecke in drei Wahlkreise eingeteilt worden.

Dem Gouvernementsrat sind zur Begutachtung vorzulegen die Vorschläge für den jährlichen Haushaltnngsanschlag, die Entwürfe der von dem Gouverneur zu er­lassenden Verordnungen.

Für die einzelnen Zweige der Zentralverwaltung sind Referenten (Negierungsräte) angestellt.

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Referat für Handel und Finanzen. Unter dem Referenten arbeiten ein Zoll- und ein Finanzdirektor. Unter dem Zolldirektor stehen die Zollinspektion und fünf Haupt-, acht Nebenzollämter und an der Binnengrenze zwölf Zollstationen. Letztere werden in der Regel durch die Bezirksämter verwaltet. Der Zollverwaltung stehen zur Be­wachung der Küste zwei Zollkreuzer zur Verfügung, außerdem bewaffnete farbige Zolldiener (Baharia d. h. Matrosen). Der Schutz der Binnengrenze wird durch die Landespolizei ausgeübt.

Der Zolltarif kennt Einfuhr- und Ausfuhrzölle.

Der Einfuhrzoll beträgt 10 Proz. vom Werte, mit Ausnahme von alkoholhaltigen Getränken, Tabak und einigen anderen Verzehrungs- und Genußmitteln, für die be­sondere meist höhere Zollsätze vorgesehen sind.

Zollfrei wurden Güter des Gouveruements und der Reichsbehörden, Kultus- und Unterrichtsgegenstände, Maschinen, Geräte, Betriebsmittel, Anzugs- und Heirats­gut usw. eingelassen.

Ausfuhrzölle wurden nicht erhoben auf Produkte der Plantagenwirtschaft und mit unwesentlichen Ausnahmen des Ackerbaues. Wohl aber auf Produkte der Viehzucht (Vieh, Häute) und der Sammeltätigkeit bzw. Jagd (Elfenbein, Gehörne, Nrwaldkautschuk, Wachs usw.).

Die Finanzen der Kolonie beruhen auf den eigeneil Einnahmen und dem Reichs- zuschusse. Seit 1908 ist die Kolonie wirtschaftlich selbständig, d. h. ein Neichszuschuß ist nur noch erforderlich zur Sicherung der Kolonie gegen innere und äußere Feinde, eine