einmal die Erhöhung des Zolltarifs um eine Umschlagsgebühr von ö auf 10 Proz vom Werte, uud das Verbot, Gummi, der durch Auskochen der Wurzeln gewonnen war, in den Handel zu bringen. Dadurch wurde der Ausrottung der Lianen gesteuert, und ohne daß die Exportmenge abnahm, hob sich die Qualität. In Tanga hatten sich zwei, in Daressalam vier neue Firmen, allerdings geringeren Umfanges, aufgetau.
Als Gouverneur von Scheele im Januar 1895 auf Urlaub ging, konnte man an» nehmen, daß er nicht wieder auf seinen Posten zurückkehren mürde. Es waren Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm und der Kolonialabteilung des Auswärtigen Amtes entstanden, insbesondere über die Behandlung der Landansprüche der D. O. A. G. Sein Vertreter war der Oberstleutnaut v. Trotha.
Gouverneurv. Wißmann.
Die öffentliche Meinuug wüuschte, daß der Gouverneurposteu mit Hermann v. Wißmann besetzt würde. Dem wurde von dem Reichskanzler Fürst Hohenlohe, der im Gegensatz zu Caprivi Wißmann zu würdigen verstand, entsprochen. Caprivi war besonders mit Wißmanns Finanzwirtschaft unzufrieden gewesen; nnnmehr aber sah sich der Direktor der Kolonialabteiluug des Auswärtigen Amtes Dr. Kayser veranlaßt, sie vor dem Reichstage ausdrücklich als korrekt und zweckmäßig anzuerkennen.
Im März schied Freiherr v. Scheele aus, Ende Mai wurde Wißmann zum Gouverneur, der Oberstleutnant v. Trotha zum stellvertretenden Gouverneur und Kommandeur ernannt.
Unterdes hatte sich die Zentralverwaltung des Schutzgebietes bedeutend ausgewachsen. Sie wurde nun — auf der Sodenschen Grundlage — organisiert. Unter dem Gouverneur stcmdeu Abteilungschefs, welche nicht nur beratende Referenten waren, sondern mit selbständigen Verwalwngsbefugnissen ausgestattete Minister. Dieses System war durchaus zweckmäßig. Der Gouverneur ist nicht wie der Staatssekretär des Neichskolonialamtes lediglich eine Instanz, die nur Berichte zu empfangen, Direktiven zu geben und die Interessen des Schutzgebietes bei dem Kaiser, dem Bundesrat, dem Reichstage und den Neichsämtern zu vertreten hat. Der Gouverneur ist der Regent eines Landes, der Beherrscher von Menschen, der über Anstalten und Einrichtungen, über Gebäude, Magazine, Kulturgärten, Stationen, Werkstätten, Schisse und Kompagnien verfügende praktische Verwaltungsmann. Er kann nicht über jeden Gamaschenknopf und jede Samentüte persönlich verfügen, er braucht notwendig persönlich verantwortliche und mit weitgehender Selbständigkeit ausgestattete Abteilungsund lokale Verwaltungschefs unter sich. Deshalb war die von der Zentrale in Berlin befohlene und durch den eigens dazu als Vertreter des Gouverneurs Liebert hinausgesandten Legationsrat v. d. Decken durchgeführte sogenannte Verwaltungsreform vom September 1898 ein schwerer Prinzipienfehler, unter dem, trotz der alsbald beginnenden Abbröckelungeu und partiellen Gegenreformen die Verwaltung des Schutzgebietes noch heute krankt.
Abteilungschef für die Finanzverwaltung war bereits 1893 der Landrat von Bennigsen geworden, ein genialer und großzügiger Verwaltungsbeamter, dessen im Prinzip richtiger Grundsatz, daß in einem Staatswesen sich nicht die Ausgaben nach den Einnahmen zu richten haben, sondern daß für notwendige Ausgaben die Deckung beschafft werden müsse, allerdings bei dem Kolonialamte und dem Reichstage wenig Gegenliebe fand. Denn die Kolonie hatte ja Einnahmen aus sich selbst in nur beschränktem Umfange und konnte diese — wenigstens damals — nicht mit den wachsenden Bedürfnissen steigern. Sie war abhängig von den vom Reichstage im voraus bewilligten Zuschüssen. Dieser Reichsznschuß mußte anderthalb Jahre vor dem Etatsjahr, in dem er zur Verwendung gelangen sollte, angefordert werden. In einem Politischen Neugebilde, das sich so rapide und so unberechenbar entwickelt, wie eine junge Kolonie, lassen sich aber die Erfordernisse nicht so lange vorher mit der Bestimmtheit übersehen,.