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Deutschland als Kolonialmacht : Dreißig Jahre deutsche Kolonialgeschichte / Hrsg. vom Kaiser-Wilhelm-Dank Verein d. Soldatenfreunde
Entstehung
Seite
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Bedeutung, weil Wißmann auf diese Weise das zur Durchführung seiner Expeditionen notwendige Trägermaterjal vorfand.

Pangani und Tcmga waren geräumt worden, Bagamoio behauptete sich. Nach dem Süden griff der Aufstand erst im Dezember über. In Daressalam verteidigte sich Leue niit Energie und Glück, in Lindi und Mikindani sahen sich die Gesellschaftsbeamten zur Flucht gezwungen und in Kilwa fielen sie gar den Nebellen zum Opfer, weil der stellvertretende Kommandant des auf der Reede liegenden Kreuzers es trotz der wieder­holten Signale um Hilfe nicht über sich gewann, entgegen der ihm erteilten Direktive seine Mannschaft zu landen.

Daß aus der Renitenz an den einzelnen Orten ein großer, die ganze Küste um­fassender Aufstand wurde, war das Werk des Halbarabers Buschiri bin Ssalim, eines Mannes, der organisatorisches Talent mit Umsicht, Energie, Verschlagenheit und Kühnheit verband. Er hatte sich in der Sultanstruppe bei Kämpfen inUnjamwesi ausgezeichnet, dann aber auf seinem befestigten Landsitze bei Pangani, als mit militärischer Macht eine gerichtliche Exekution gegen ihn durchgeführt werden sollte, so energischen Widerstand geleistet, daß die sansibaritische Regierung von der Vollstreckung absah. Auf Schiffen gelangte Buschiri mit 800 Bewaffneten nach Saadani, wo er mit Bana Heri, dem Sultan von Usiguha ein Bündnis schloß. Von dort marschierte er nach Bagamojo wo er die Oberleitung des Aufstandes übernahm.

Die Gesellschaftsbeamten bekamen die Veränderung der Situation sehr bald zu merken; sie mußten sich verschanzen und sahen sich auf die Defensive beschränkt. Die Jnnenstationen der Gesellschaft mußten aufgegeben werden, die Benediktinermission in Pugu hinter Daressalam wurde nach Ermordung der Missionsangehörigen, die sich geweigert hatten, einer Entsatzexpedition nach der Küste zu folgen, nieder­gebrannt.

Im September, und erneut Anfang Oktober bat die D. O. A. G. den Kanzler um den Schutz des Reiches. Zunächst erfolgte nur eine mit dem 3. Dezember beginnende deutsch-britische Blockade der Küste, die trotz des aufreibenden Dienstes wirkungslos blieb, weil die Zahl der Schiffe zu gering war und die Aufständischen bereits reichlich mit Munition versehen waren.

Gleichzeitig trat die Regierung an den Reichstag heran. Durch den diplomatischen Schachzug, die Anüsklavereibewegung in den Vordergrund der Motive zu rücken, gelang es den: Fürsten Bismarck, das Zentrum für die Bekämpfung des Aufstandes zu inter­essieren. So kam eine Mehrheit zustande, die durch Gesetz vom 30. Januar 1889 für Maßregeln zur Unterdrückung des Sklavenhandels und zum Schutz der deutschen Inter­essen in Ostafrika zwei Millionen Mark zur Verfügung stellte und die Regierung er­mächtigte, die Ausführung, der erforderlichen Maßregeln einem Reichskommissar zu übertragen.

Reichskommissar WißMann.

Zum Neichskommissar wurde der Hauptmann ^Hermann Wißmann ernannt. Wißmann war als junger Offizier 1880 in die Dienste der Afrikanischen Gesellschaft getreten, deren Seele der Belgierkönig Leopold II. war; sie legte die Grundlagen zum späteren Kongostaat. Wißmann erwarb sich als Forschungsreisender er durchquerte zweimal den schwarzen Erdteil und Verwalmngsorganisator schnell Anerkennung und europäischen Ruf. Es war ein genialer Blick, der in Wißmann den richtigen Mann für die unendlich schwierige Aufgabe erkannte; wir können wohl heute sagen, daß er der einzige war, der sie überhaupt lösen konnte. Wir sind heute gewohnt, mit großen Zahlen bei der Niederkämpfung überseeischer Erhebungen zu rechnen. Damals aber steckten wir noch in recht kleinlichen Anschauungen, und es fehlte nicht an Tadlein, die die Finanzwirtschaft des Reichskommissars zum Gegenstand ihrer unsachverständigen Kritik machten. Jetzt werden wir es aber auf Grund unserer gewachsenen Einsicht in