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Das Auslanddeutschtum und das neue Reich : Betrachtungen und Vorschläge / von Christian F. Weiser
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Die Rückwanderung

Man glaube nicht, daß in den ruhigeren Zeiten des Friedens die alten Verhältnisse sich leichtlich wieder her­stellen; dafür war die Tragik der Erfahrung zu erschütternd. Mögen auch noch so viele unserer Ausgewanderten in dieser Krisis den völligen inneren und äußeren Anschluß an die Heimat ihrer Wahl gesucht und gefunden haben, so dürfen wir doch die anderen nicht vergessen, die nunmehr völlig heimatlos geworden und deren ganzes Sinnen dem alten Vaterlande zugewandt ist. Unsere Pflicht ist es, ihnen eine Stätte zu bereiten, und sollte es sich um große Zahlen handeln, worüber wir heute mit Sicherheit noch nicht urteilen können, dann dürfen wir zum mindesten nicht gänzlich unvorbereitet betroffen werden.

Jedenfalls besteht unter Kennern der Verhältnisse kein Zweifel, daß wir nach einem Frieden mit erweiterten Reicksgrenzen eine starke Rückwanderung aus Kanada und aus den Vereinigten Staaten zu erwarten haben. Schon vor bald zwei Zähren (Unterhaltungsbeilage der «Täglichen Rundschau" vom 25. Mai 1916) machten wir darum den Vorschlag, diese Rückwanderung nach Kurland zu lenken, da es unter allen Umständen verhütet werden müßte, daß die Rückwanderer je nach Heimat oder Familienbeziehung sich einzeln über Deutschland zerstreuen. Die Enttäuschung bliebe in einem solchen Falle nicht aus, und dem Reiche wäre nicht gedient. Auch ist die Vorstellung, als ob für das Empfinden der Rückwanderer einzig ihre alten Stamm­sitze in Frage kommen könnten, durchaus irrig. Wo Schwaben und Schlesier auf dem Boden der Fremde in dem gleichen Gemeindeverband die langen Zahre treu nach­barlich zusammengehaust, verbunden durch die gleichen Er­fahrungen und Erlebnisse, da hat sich ein neues Zusammen­gehörigkeitsgefühl entwickelt, gegen das die alte Stammes­bindung zumeist nur noch Erinnerungswert besitzt. Wie sie bislang ihr Leben zusammen geteilt, so werden sie auch gerne zusammen das Abenteuer einer Umsiedlung bestehen. Alles was sie begehren ist, daß man ihnen den nötigen Atem- und Erdenraum schaffe, so wie sie es von draußen her gewohnt. Und fühlen sie sich gar von der Obhut ihrer Kirchen geleitet, so sind sie vollends frohgemut. Tatsächlich mögen die einzelnen Synodalverbände wie Stammes- genossenschasten angesehen werden.