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Das Auslanddeutschtum und das neue Reich : Betrachtungen und Vorschläge / von Christian F. Weiser
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Die Stipendiengründung

der englischen Kultur. Was aber mag von solchen Leuten erwartet werden, wenn sie nunmehr den Dienst an Ge­meinden antreten, wo die deutsche Sache auf der Schneide der Entscheidung steht? Nach bekannter Erfahrung stellen sich diese jungen Pastoren häufig geradezu in Gegensatz zu der noch deutsch empfindenden Generation, zu dem Rat der Alken ihrer Gemeinden und verbünden sich mit den Zungen, um der als vornehmer angesehenen englischen Sprache, in der sie redemächtig zu glänzen hoffen, zum Siege zu ver­helfen. So sind taufende von unseren Gemeinden der deut­schen Sache vor der Zeit verlören gegangen. 3m Osten des Landes ist nichts mehr zu erhoffen, und bereits geht auch eine Spaltung durch die noch bis vor kurzem kerndeutschen Synoden des Westens. Hier jedoch dürfte die fortschreitende Anglisierung auf einen letzten hartnäckigen Widerstand stoßen, und wenn das deutsche Erwachen, das der Krieg gezeitigt, in der rechten Weise wahrgenommen wird, mag sich noch ein wunderbarer Umschwung ereignen. Zum mindesten bieten sich zur Zeit Möglichkeiten, auf die wir achten müssen.

Was bis jetzt von unserer Seite geschehen, kann in kurzen Worten gesagt werden. Ich brachte die Gründung einer ausreichenden Stipendienstiftung in Vorschlag, durch die nicht allein das zerstreute Deutschtum, sondern auch unsere Bundesgenossen mit dem Kulturleben des Reichs ver­bunden werden sollten. Im besonderen schien es mir not­wendig, den Predigt- und Lehramtskandidaten der deutschen Auslandkirchen und Gesellschaften einen etwa zweijährigen Studienaufenthalt in Deutschland zu ermöglichen. (Vergl. Unterhaltungsbeilage der «Täglichen Rundschau" vom 14. August 1915.) Der Gedanke fand nicht nur an zu­ständigen Stellen hier in Deutschland, sondern auch in Amerika grundsätzliche Zustimmung, und bereits im Sommer 1916 wurde ich von dem Präses der Deutschen Evangelischen Synode von Nordamerika, in der ich selbst beheimatet bin, beauftragt, die Ausführung des Planes in die Wege zu leiten.

Das Unternehmen, so wie es mir vorschwebt, unter­scheidet sich von allen anderen mir bekannten Veran­staltungen ähnlicher Art dadurch, daß ich es zu einer An­gelegenheit des deutschen Volkes machen möchte, und zwar weniger in dem Sinne, daß etwa staatliche Behörden die