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Das Auslanddeutschtum und das neue Reich : Betrachtungen und Vorschläge / von Christian F. Weiser
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Die ^Hjgnce iran^aise

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Es war ein verhängnisvoller Fehler unserer bisherigen Reichspolitik, daß sie dem Deutschtum über See, wie über­haupt dem Auslanddeutschtum nicht die nötige Beachtung geschenkt hat. Der innere Zusammenhalt des Franzosen- tums wie auch der Angelsachsen über die ganze Erde hin erklärt sich keineswegs allein durch das nun einmal vor­handene stärkere National- und Kulturbewußtsein dieser Völker, sondem vor allem auch durch ganz bestimmte Ver­anstaltungen ihrer Regierungen, durch althergebrachte oder neugeschaffene Einrichtungen des Kulturhaushalts.

Für Frankreich mag an die Wirksamkeit der ^Mruies erinnert sein, der bei uns der «Verein für das Deutschtum im Ausland" entspricht. Während mir aber nichts bekannt ist von einer besonderen Förderung des deut­schen Vereins durch unsere Regierung, ja seine Wirksamkeit weit eher mit scheelen Augen von ihr betrachtet wird, kann die geradezu als französisches Regierungsinstitut

bezeichnet werden. Der Präsident der Republik und sämt­liche Minister gehören zu ihrem Vorstand, während der Großkanzler der Ehrenlegion den Vorsitz führt. Weiterhin sind sämtliche amtlichen Vertreter der Republik im Ausland, Botschafter, Gesandte und Konsuln Mitglieder der Die bedeutendsten französischen Schriftsteller, Gelehrte und Künstler stellen sich ihr zur Verfügung zu ausgedehnten Vortragsreisen, und durch eine Organisation, die Bewunde­rung abnötigt, werden auch die entferntesten Kolonien in dem geistigen Zusammenhang mit dem Mutterland erhalten. Wo ein Abgesandter der in einer Stadt auftritt,

bedeutet dies ein gesellschaftliches Ereignis. Was auch nur immer vorhanden an Geist und Eleganz, an Reichtum und Einfluß, wird geladen zu dem Bundesfest. Überhaupt werden Stimmung und Urteil allein schon durch die Äußer­lichkeiten der Vorbereitung gefangen genommen. Deutlich erinnere ich mich noch des starken Eindrucks, als bei einer solchen Versammlung der Vortragende den begeisterten Beifall mit vollendeter Grazie als eine Huldigung für den Genius des ewigen und allgegenwärtigen Frankreich, als eine Bekundung der weltumspannenden Fraternitä des großen und freien französischen Volkes erklärte, worauf erneut ein Beifallssturm sich erhob, der auf Minuten alles mit sich fortriß. Es war mir in jenen Augenblicken,