Der Tag des Angelsachsen
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Stolz schritt der Engländer uns voran. Seit Jahrhunderten schon ging er in selbstherrlicher Sicherheit seinen Weg, und der ganze Gang der Geschichte schien seinen Welt- tag vorzubereiten, den «Tag des Angelsachsen". Welche andere Nation vermöchte auch nur mit annähernd 'gleichen Ansprüchen aufzutreten! Er war der geborene Herrscher, und die anderen alle, wofern sie nicht freiwillig oder unfreiwillig in seine Gefolgschaft sich begaben, hoffnungslose Prätendenten. So wenigstens scheint der Stand der Dinge. Wir aber fragen uns, ob hier ein unabänderliches Verhängnis waltet, ob nun wirklich der «Tag des Angelsachsen" als der große Melttag in Anbruch. Sollte diese Zivilisation, die so offensichtlich das Mal der Unwahrhaftigkeit an der Stirne trägt, tatsächlich ein Letztes der Kultur bedeuten, die Erfüllung allen Erdenstrebens? Sollten wir Deutsche «ns wirklich damit bescheiden müssen, dieser Nation in Bann und Troß zu folgen? Und wenn es uns auch gelänge, aus eigen freiem Boden nach dem gegebenen Muster ein Kulturgebäude zu errichten, was unseren Demokraten offenbar als der Weisheit letzter Schluß erscheint; was wäre durch die Wiederholung für den Fortschritt geschehen? Vielleicht aber haben wir doch einen eigenen Beruf in der Welt und damit eine besondere Verantwortung. Vielleicht waren wir tatsächlich in dem Fall, daß wir uns bereit zeigten, Gold und Perlen eigensten Besitztums um fremde Ware dranzugeben. Mit gutem Grund ward drum die Mahnung zur nationalen Selbstbesinnung laut, zur Besinnung auf unser nationales Selbst. Fand es sich aber, daß wir in der Tat ein solches «Selbst" besaßen, einen Bestimmungsgrund unseres geschichtlich dargestellten Wesens, der sich in seiner Entfaltung als höchster Wert erwies, dann war damit eine Verpflichtung gegeben gegen uns selbst und die Welt, eine Pflicht und ein Necht zugleich.
Zwar scheinen unter uns die Dinge so weit gediehen, daß man das Wort «deutsch" kaum mehr aussprechen kann, wenn man nicht als «Chauvinist" gestempelt werden will, und von Ideen, von geistigen Dingen zu reden, gilt als «Phrase" und «Sentimentalität". Den führenden Gewalten von heute scheint das Vaterland kaum mehr als der zufällige Wohnort zu sein, mit dessen Interessen man nun einmal verbunden ist, während es uns ein geistig-sittliches Wesen bedeutet, das unser teuerstes Gut umschließt, Vergangenheit,
Weiser, Auslanddeutschtum 2