dem Getöse der Waffen und der Worte, bedrängt von der Not und Sorge des Tages, werden wir uns des großen Ganges der Zeitgeschichte, der weittragenden Bedeutsamkeit des gegenwärtigen Geschehens kaum oder doch nur selten bewußt. Der Krieger sieht vor sich den Feind und die nächste Pflicht, der Diplomat bedenkt die Rechtfertigung von gestern und das Problem von morgen, der Politiker betreibt das Interesse seiner Partei, allenfalls auch das des Vaterlandes, der Bürger ist beschäftigt mit Sorgen der Ernährung, und Gelehrte wie Künstler stehen in Verwirrung. Sie wenden sich ab von dem Chaos der Gegenwart, um in ihrer eigenen Welt Vergessen zu finden, oder sie klagen wohl auch laut über den „Wahnsinn" der Zeit, während eine Minderheit vollbewußt die scheinbare Weltanarchie ins Auge faßt, um an ihr Gedanken und Phantasie gestaltend zu betätigen. Noch freilich ist nicht die Zeit, um Sinn und Ziel der ungeheuren Bewegung auf eine geistige Formel zu bringen. Unser Gesichtsfeld ist noch zu begrenzt, unsere Sinne sind zu benommen für ein klares Sehen und Hören. So viel freilich ist deutlich, daß es eine Weltwende ist, an der wir stehen. Das ganze Herkommen des menschlichen Zusammenlebens und der Welteinrichtung ist zur Frage geworden, das ganze Völkergerüste und mit ihm die Rechtsordnung, das Sittengeseh und das Gebäude des Glaubens, sie bewegen sich ächzend in ihrem Gefüge, als sollten die Pfeiler und Träger, die Maße und Formen auf ihre Echtheit, ihre Gemäktieit sich erproben. Letzte Fragen werden zum Gegenstand des Völkerareopags, letzte Ideale des Denkens und des Lebens werden angerufen von der geteilten Welt. Der Streit wird auf ein Grundsätzliches gestellt. Weltanschauungen stehen anscheinend gegeneinander im Kampf, und es mögen die geistigen und politischen Entscheidungen eines Jahrtausends fallen.
Ist dem aber so, dann kann kein betrachtender Geist in Gleichgültigkeit verharren, ja, der Betrachtende mag