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II. Der Kolonist im Urwald.
Die Bodenformation und das Klima.
Die Serra do Mar, welche vom Norden Brasiliens bald in größerer, bald in geringerer Entfernung vom Meere der Küste nach Süden folgt, zieht sich in Sta, Catharina etwa 10—12 Meilen von der See entfernt in südlicher Richtung, in ihren höchsten Erhebungen auf 800—900 Meter geschätzt. Nach Westen in ein sanft wellenförmiges Terrain übergehend, fällt sie nach Osten in steileren Terrassen ab und entsendet im Norden des Staates ihre Ausläufer in zusammenhängenden Gebirgsketten bis ans Meer. Von diesen Gebirgsketten breitet sich wieder ein mehr oder weniger zerrissenes Hügelgelände bis an die weiten oder engeren Thäler der großen und kleineren Flüsse aus, die ihre Gewässer aus den Bergen erhalten.
So trennt die Serra do Mar den Staat in zwei, in ihrer Boden- formation ganz von einander abweichende Theile, in eine Hochebene und in das Küstengebiet, in welchem Berge und Hügelketten mit Flußthälern abwechseln.
Doch nicht nur in der äußeren Bodengestaltung macht sich der Unterschied der Hochebene und des Küstenlandes geltend. Die Nähe des Meeres, die Höhenverhältnisse und die durch beide bedingte Verschiedenheit der herrschenden Luftströmungen mußten einen wesentlichen Unterschied im Klima beider Regionen zur Folge haben, welcher sich in der Vegetation sofort auffällig bemerkbar macht und in ihrer landwirthschaftlichen Kultur erhebliche Differenzen mit sich bringt.
Während auf dem Hochlande die meisten deutschen Getreidearten und Obstsorten gedeihen, werden im Küstengebiet vor der Serra do Mar vornehmlich die lohnenderen Pflanzen wärmerer Klimate kultivirt, welche eine Temperatur unter Null nicht vertragen, und als deren hauptsächlichste Vertreter Zuckerrohr, Kaffee und Tabak genannt seien.
Die Temperaturschwankungen, nicht nur in den einzelnen Jahreszeiten, sondern auch zwischen Tag und Nacht, sind im Hochlande bei weitem stärker; die Lust ist trockener und mehr bewegt, so daß die Hitze des Sommers, welche ihrer Thermometerhöhe nach nicht viel mit der im Küstengebiet differirt, weniger drückend empfunden wird, als in dessen durch die Nähe des Meeres feuchteren Luft; doch ist auch im Küstengebiet je nach der Entfernung vom Meere und der Höhenlage die Temperatur verschieden.
Ueberhaupt macht man sich in Deutschland vollständig irrige Vorstellungen von den klimatischen Verhältnissen Brasiliens, indem man immer an eine Tropenhitze denkt und diese auf das ganze Land ausdehnt, welches doch an Ausdehnung fast ganz Europa in sich bergen könnte, und dessen Temperaturen in den einzelnen Staaten, welche den Bundesstaat Brasilien bilden, nicht viel weniger von einander abweichen, als die zwischen Nord- und Süd- und zwischen Ost- und Westeuropa.
In Sta. Catharina beträgt die durchschnittliche Höhe der Temperatur in den heißen Sommermonaten nicht über 24—25" R. im Schatten; doch kommen ausnahmsweise auch Temperaturen bis 29" R. vor. Lästiger als