Dieter Bischop
„Ich würde dir ohne Bedenken eine Kachel aus meinem Ofen schenken"*
Bremer Ofenkacheln des 13. bis 17. Jahrhunderts
Fast jeder größere Erdaufschluss in der Bremer Altstadt bringt ein bestimmtes Fundobjekt zu Tage, das dem Menschen im Mittelalter und in der Neuzeit an kalten Wintertagen zu etwas verhalf, was auch dem Menschen von heute noch wichtig ist: zu einer behaglich warmen Stube. Etwa tausendvierhundert Fragmente von Ofenkacheln des 13. bis 17. Jhs. sind bisher aus Bremens Untergrund geborgen worden, von denen hier erstmals eine repräsentative Auswahl vorgestellt werden soll. 1
Die Verteilung der Kachelfunde im Bremer Stadtgebiet
Eine Kartierung der Kachelfundstellen zeigt eine breit gestreute Verteilung der Bruchstücke über das gesamte Gebiet der mittelalterlich-/ frühneuzeitlichen Stadt (Abb. 1). Überreste eines Ofens fanden sich aber niemals in situ, d. h. am Ort des ursprünglichen Ofenstand
ortes, sprich innerhalb eines freigelegten Hausgrundrisses. Kein Kachelofen aus Bremen ist vollständig rekonstruierbar. Kein Ofen des Mittelalters ist in Bremen erhalten geblieben und es gibt auch keine geschlossenen Befunde bzw. Scherbenmaterial, mit denen bzw. mit dem sich ein annähernd vollständiger Ofen rekonstruieren ließe. Auch zusammengehörige Fundkomplexe wie die aus Kloakenschächten bei der Ausgrabung „Radio Bremen" (Abb. 2) und jüngst aus zwei Befunden am Bredenplatz (231, Bf. 34 und Br. 6) müssen nicht notwendigerweise zu einem einzigen Ofen gehört haben. Ständiges Aufheizen und Abkühlen der Öfen führte im Laufe der Jahre zu Rissen und somit zu einem notwendigen Austausch der gesprungenen Kacheln. Ein Ofen kann daher vielfach mit älteren oder neueren Ersatzkacheln repariert worden sein. Immer wieder wurden Kacheln als unbrauchbare Einzelteile oder Reste abgebrochener Öfen entsorgt, et-
Verbreitung der Kachelfunde des 13. bis 17. Jhs. in Bremen. Die Nummern sind die Fundstellennummern in der Bremer Altstadt. Die mit „N" gekennzeichneten Fundstellen gehören zum Stadtteil Neustadt. Nicht im Bild ist der Stadtteil Huchting im Bremer Süden (H).
226'220 235 . 221
« flgi^V .«1
T 214 198 H0
Smi^'
Grundstücksplan der
ALTSTADT von BREMEN
Di« ^etasle'BianM-te 1 SÖOC von 19SS mit Etntregungen nncn 4« rveiastedMula 1 1000 von 1897 und AuuOgan aus dem Plan der hannov. Gusw von Buchhcl, U73» und dem Sledlpien von MurceW (1796).
Kachelfunde Kachel- und Modelfunde
* Aus dem Gedicht: „Ich hab dich so lieb", Joachim Ringelnatz. Es zwitschert eine Lerche im Kamin. 16. Auflage. Berlin 1978. Zitiert nach Unger.
1 In diesem Aufsatz orientiere ich mich bezüglich der Ansprache der einzelnen Kacheltypen bzw. der Terminologie an den bisher erschienenen monographischen Arbeiten über die norddeutschen Kachelfunde (für Niedersachsen Stephan 1991 sowie Henkel und für Westfalen-Lippe Hallenkamp-Lumpe und halte mich an die Terminologie von Stephan und Hallenkamp-Lumpe). Julia Hallenkamp-Lumpe, Soest, bin ich u. a. für zahlreiche Hinweise auf Vergleichsstücke zu großem Dank verpflichtet. Auch Edgar Ring, Lüneburg, Uta Bernsmeier, Focke-Museum Bremen und Nicole Tiede- mann, Altonaer Museum, Hamburg, danke ich für einige Hinweise.
265