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Bremer archäologische Blätter / Der Landesarchäologe
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Dieter Bischop - mit einem Beitrag von Dieter Hittinger

Aus Pest und Krieg - Funde des frühen 17. Jahrhunderts aus dem Stadtgraben an der Bremer Adamspforte

Die Anbindung der Bremer Überseestadt an die westliche Innenstadt und der Neuanschluss an die B75 erforderte auch eine neue tiefgehende Kanalisation und den Ausbau des Straßen- und Straßenbahnschienennetzes. 2004 bis 2007 wurde hierbei im Bereich der Adamspforte drei­mal ein breiter, den Straßenverlauf querender Graben angeschnitten, bei dem es sich nur um einen alten Teil des Bremer Stadtgrabensystems handeln kann. Soweit feststellbar, war dieser mit außergewöhnlich viel organischem Material verfüllte Graben im Querschnitt wannenförmig (Abb. 1). Im Grund konnten kleine Staken aus Weichholz festgestellt werden, doch war der genaue Verlauf des Grabens nicht exakt nach- zuvollziehen.

Die südlichere Verfüllung, die 2004/2005 an­geschnitten wurde, war sehr einheitlich (220/Altstadt), der nördlichere, später angeris­sene Stadtgrabenabschnitt (226/Altstadt) zeig­te noch eine jüngere Verfüllungsschicht. Durch den Zeitmangel konnte die Verfüllung nicht vor Ort untersucht werden, obwohl sich das Fundgut aus dem Stadtgraben als äußerst reichhaltig erwies. Daher wurde - in Abspra­che mit der Bauleitung - die entnommene Verfüllung gesondert im Hafengebiet gelagert,

Links: Detail eines Stadtplans von 1664 mit Eintrag der Fundstel­le (blau). Der mittelalterli­cher Stadt­graben ist zu diesem Zeit­punkt offen­bar vollstän­dig dem Bau der Bastion zum Opfer gefallen.

um sie solange wie möglich nach Funden durchsuchen zu können. Hier wurde der Ab­raumberg von Ehrenamtlichen des Landes­archäologen, z. B. Volker Koch zum Teil mit dem Metalldetektor abgesucht. Auch Schulprojekte nahmen an der Fundsuche teil. Der Aufschluss des Grabens erbrachte verschiedenste Materia­lien, die die Alltagskultur der Zeit um 1600 bis etwa um 1630 beleuchten. Münzen bzw. Münzgewichte, datierte Keramik und Tuch­plomben mit Datierungen von 1594 bis 1629 helfen den Fundkomplex zeitlich einzugren­zen.

Keramik - die Bibel in Bildern dem Tisch

Es kamen unzählige Keramikfragmente zu Ta­ge. Ein großer Teil der Gefäßreste konnte je­doch gar nicht geborgen werden. Die Ofenka­chelreste, der größte Fundkomplex des 16./17. Jhs. in Bremen überhaupt, werden in diesem Band gesondert vorgestellt, ebenso wie einige kleine Tonpfeifenfiguren, die die Madonna mit Kind bzw. das Jesuskind allein darstellen. Neben diesen keramischen Sonderfunden ma­chen den Großteil der Keramik aber einfach glasierte rottonige Haushaltgefäße aus. Es konnten tausende Scherben von dreibeinigen Grapen, von Schüsseln, Stielpfannen und wei­terem Hausgeschirr aufgelesen werden. Auffällig viele Scherben gehören zur reich be­malten Werra-Ware, wobei viele Fragmente Jahreszahlen tragen (Abb. 2). Sie datieren zwi­schen 1596 und 1629. Die Teller sind mit flo- ralen Motiven oder Figürlichem verziert. Selte-

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Rechts: Stadtgraben an der Adamspforte 2005/6, angerissen beim Bau der Zufahrt zur Überseestadt. Der Graben wurde in den ersten drei Jahrzehn­ten des 17. Jhs. zuge­schüttet.

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