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Bremer archäologische Blätter / Der Landesarchäologe
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Michael Wesemann - C. Chr. von Fick

Die neue Kogge Ausgrabung und Bautyp (Vorbericht)

Die ungewöhnlichen Umstände der Entdek- kung derSchlachte-Kogge" in 14 m Tiefe unter dem Straßenniveau in unmittelbarer Nähe des heutigen Weserufers machten für die Bergung den Einsatz von aufwendiger Technik notwen­dig. Nur der guten Zusammenarbeit mitderTief- baufirma (Echterhoff, Osnabrück), die den Ber­gungsschacht an der Schlachte abteufte, ist es zu verdanken, daß die Bergung optimal reali­siert werden konnte (vgl. auch Beitrag Rech, S. 31 ff.).

Abteufen des Schachts Der Mittelteil des Überlaufwerkes wurde be­dingt durch die Schiffsbergungauf vergrößer­ter Grundfläche gut 6 m tiefer ausgehoben, um an die Kogge heranzukommen. Der dabei ver­wendete BerlinerVerbau erwies sich als Glücks­fall fürdie Bergung. Das kurzzeitige Offenstehen von kleinen Profilen in den Schachtwänden er­laubte Einsichten in die Entstehungsgeschichte der Schlachte, wie sie bishernoch nicht möglich waren. Handarbeit beim Einbringen der Brusth- ölzerwar die Voraussetzung fürviele Funde.die bei der Arbeit nur mit einem Bagger nicht hätten geborgen werden können.

Der Schacht reichte bis auf ca.-2,80 m NN, also weit unter den Wasserspiegel der Weser, so daß fünf unabhängig voneinander geschaltete Pumpsysteme für trockene Arbeitsbedingun­gen sorgen mußten. Die Hauptwassermenge wurde schon außerhalb der eigentlichen Ber­gungsgrube von 3 Großfiltern abgesaugt. Das restliche Wasser, wobei es sich hauptsächlich um den Flutwasserberg handelte, wurde von zwei Vakuumpumpen mit je drei und vier Euro­filtern über eine Steigleitung in den Fallschacht des Mischwasserkanals und von dort in die Weser zurückgepumpt. Dabei war die kleinere Vakuumanlage über einen Schwimmschalter in -3,6 m NN als Zusatz und Notaggregat ein­gerichtet. Bei hohen Flutwasserständen ging diese Pumpe dann auch regelmäßig in Betrieb und bewahrte einmal bei einem Ausfall der Hauptvakuumpumpe vor einemAbsaufen" der Grube. Die sich mit ca. 2 Stunden Verzöge­rung sehr deutlich bemerkbar machende Flut war so einwandfrei zu beherrschen. An arbeits­freien Tagen wurde etwa alle 8 Stunden von ei­nem Mitarbeiter des Landesarchäologen eine

Kontrollbegehung durchgeführt. Eine Elektrofir- ma war für Notfälle rund um die Uhr erreichbar.

Die Freilegung der Schiffsteile konnte also wie bei einernormalen" terrestrischen Grabung erfolgen, wenn man von der Enge, den schwie­rigen Beleuchtungsverhältnissen, der Nässe, dem Dieselgestank und dem Pumpenlärm ein­mal absieht. Neben Schaufel, Kelle und Eimer wurde wegen der Empfindlichkeit der meisten Funde viel mit dem Wasserstrahl gearbeitet.

Vermessung und Dokumentation Die dreidimensionale Vermessung der Schiffs­teile geschah mittels Lot und Maßstab von ei­nem 1 x2 m Schnurrasteraus. Die Gesamtsitua­tion wurde im Maßstab 1:20 gezeichnet. Weite­re Zeichnungen wurden jeweils nach der Entfer­nung von sich gegenseitig verdeckenden Schiffsteilen angefertigt. Bei der Dokumentation kam neben wasserfestem Zeichenmaterial (Azetatfolie und Bleistift) und der durch aufwen­dige Blitztechnik verstärkten Photographie auch die Videokamera zum Einsatz, mit der die stratigrafischen und Fundlagezusammen­hänge sowie wichtige Arbeitsgänge kontinuier­lich gefilmt wurden, um die unter den gegebe­nen Umständen zeitraubende und mühsame Arbeit des Tagebuchschreibens vor Ort zu um­gehen.

Auffindung

Bevor die Kogge in derTiefe erreicht war, wurde der Aushub Meter für Meter auf Funde oder mögliche weitere Befunde untersucht und be­obachtet. Die Beschreibung der Funde, meist Keramik, wird zu einem späteren Zeitpunkt erfol­gen müssen. Auffällig war, daß die Wesersande und Schiuffablagerungen zumindest bis dicht über dem Schiff nicht eindeutig geschichtet wa­ren,weshalb auch älteres Scherbenmaterial tie­fer als jüngeres liegen konnte.Geborgen wurde meist bemalte Irdenware, blaugraue Kugeltopf­ware und Steinzeug unterschiedlicher Dichte und Herkunft.

An Befunden sind erwähnenswert ein schon 1991 beobachteter, etwa 3 m breiter hölzerner Kanal unbekannter Funktion sowie eine darin deutlich später eingebrachte hölzerne Wasser­leitung mit einer Birkenrindenabdeckung. Bis

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