Rüdiger Keim
Neue archäologische Erkenntnisse über das Wurtendorf Weddewarden, Stadt Bremerhaven
„Die Dorfwurt Weddewarden ist ein Kulturdenkmal von größter wissenschaftlicher Bedeutung. Sie ist das einzige diese Art im Lande Bremen und wegen ihrer Zugehörigkeit zur Wurtenkette des Landes Wursten von überregionaler Bedeutung für Geschichte, Kulturgeschichte und Küstenforschung" schreibt KH.Brandt, der ehemalige Landesarchäologe der Freien Hansestadt Bremen, im Jahre 1980 in seiner Stellungnahme als Träger öffentlicher Belange zur Einrichtung eines Grabungsschutzgebietes gemäß § 17 des Denkmalschutzgesetzes.
Die zum erstenmal schon im Jahre 1091 urkundlich erwähnte Siedlung Weddewarden gehörte früher zu Imsum, dem südlichsten Kirchspiel des Landes Wursten; 1927 wurde sie dann in die Stadt Wesermünde eingemeindet. Der Ort liegt direkt am Wurster Seedeich (Abb.1). Im Norden bedindet sich die schon zum niedersächsischen Landkreis Cuxhaven gehörende Dorfwurt Imsum, die in ihrem Kern in die ältere Römische Kaiserzeit datiert und in deren Nähe sich der bekannte „Dingener Urnenfriedhof" (PLETTKE 1940) des 3.-5.Jahr- hunderts n.Chr. befindet.
In geologischer Hinsicht bildet der schon vor Christi Geburt entstandene hohe Uferwall, der die alte Marsch der Römischen Kaiserzeit nach Westen begrenzt, den Untergrund für die Errichtung der Wurt. Nach Norden und nach Westen schließt bzw. schloß die frühmittelalterliche junge Marsch an, die höher aufgeschlickt war.
Der Fuß der Weddewarder Wurt wird annähernd durch die Linie bei 3 m über NN angegeben; die rundovale Grundrißform wird im Westen durch den Weserdeich zerschnitten. Möglicherweise ist hier ein Teil der Wurt durch Sturmfluteinwirkung abgetragen worden und verlorengegangen. Die maximalen Maße der Wurt von West nach Ost (gemessen an der 3 m NN-Linie) betragen 370 m, von Nord nach Süd fast 400 m (Abb. 1).
Die zentrale Frage der früheren Forschungen zu Weddewarden betraf die Altersstellung der Wurt und besonders den Beginn der Siedlung. Obwohl G. v. d. Osten schon 1932 schreibt, daß man „am Nordabhang der Weddewarder
Wierde bei einem Hausbau ... auf Scherben aus den ersten Jahrhunderten nach Chr. Geb. - gestoßen" (OSTEN 1932, 22) war, blieb diese Nachricht für lange Zeit unüberprüft und auch unbestätigt. Noch 1979 meint W. Haarnagel:
„Über die Wurt Weddewarden liegen keine sicheren Befunde vor, so daß ihr Alter nicht sicher bestimmt werden kann" (HAARNAGEL1979.16).
Da die ältesten, bisher bekannten Funde aus Weddewarden „bis in das 7.-8. Jhr. nach Chr." reichen, wie R. Eggers in seiner 1980 unternommenen Landesaufnahme zum Gebiet der Stadt Bremerhaven in der Akte „Weddewarden" beim Landesarchäologen schreibt — was jedoch nicht zu überprüfen ist, da sich Keramikfunde dieser Zeitstellung nicht im Magazin des Bremer Landesarchäologen und auch nicht im Morgenstern-Museum, Bremerhaven, befinden —, war zunächst anzunehmen, daß es sich um einefrühgeschichtliche Wurt handeln könnte. Diese Situation ergibt sich seit den im Sommer des Jahres 1982 durchgeführten baubegleitenden Notbergungen des Bremer Landesarchäologen unter der Aufsicht von B. Seidler: Erstmals wurde dabei Keramik geborgen, die belegt, daß die Wurt Weddewarden ca. zweitausend Jahre alt ist und zumindest teilweise gleichzeitig mit der bekannten, ebenfalls auf dem Uferwall gelegenen Siedlung auf der Fed- dersen Wierde bestand.
Bisher sind erst kurze Fundmeldungen zu dieser wissenschaftlich bedeutsamen Entdek- kung erschienen (BRANDT 1982/83; Ders., Nachrichten des Marschenrates 20,1983, 34).
Der vorliegende Bericht möchte diese Lücke schließen und bezieht sich deshalb auch auf ältere Untersuchungen, die beim Landesarchäologen dokumentiert sind.
Die Auswertung der Weddewardener Objekte erscheint dabei problematisch, da es keine größeren Fundmengen aus gesicherten Befundzusammenhängen gibt — ein allgemeiner Nachteil baubegleitender Notbergungen.
1. Baugrube Dreyer, 1961; Verbleib: Morgenstern-Museum, Bremerhaven (MM); keine
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