Teil eines Werkes 
Theil 1 (1830) Versuch einer Aesthetik der Tonkunst im Zusammenhange mit den übrigen schönen Künsten nach geschichtlicher Entwickelung / von Dr. Wilhelm Christian Müller Lehrer an der Hauptschule in Bremen
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Poesie selbst dargestellt, wie denn die Liebe der Einungs- und Wendepunkt aller Poesie in Dichtung und Kunst ist. (4.)

§. iL

Nach jener Differenz der Zeiten spricht sich ferner im Kinde wie im Alten die Sinnlichkeit mit wenigem Gemülhe aus; im Jünglinge herrscht bei Gemülh das Reich der Phantasie und der Ideen mit dem lebendigen Drange, dies Reich zu durch­fliegen; bei der Jungfrau die Einbildung und der Drang der Sehnsucht; im männlichen Alter er­scheint die Ausgleichung der äusseren und inneren Welt mit steter Hinsicht auf Wirken und Geniessen.

Eben dieselbe Differenz offenbart sich in den verschiedenen Zeitaltern des Menschenge­schlechts; in der rohen Kindheit, in der Halb­kultur und in der sittlichen Ausbildung. So wie in einzelnen Menschen und verschiedenen Zeit­altern hat sich auch Lei verschiedenen Natio­nen diese Verschiedenheit der sinnlichen, geistigen oder gemiilhlichen Herrschaft bewiesen; und sie bestimmt noch den Charakter derselben; z. B. beim Italier die lebendige Sinnlichkeit mit Lei­de nschaft und Geistesblitzen bei wenigerem Ge- müthe; beim Engländer hingegen der forschende Geist bei stumpfer Sinnlichkeit, und daher mit beschränktem Gemüthe; beim Deutschen das vor­herrschende G e m ü th mit vielem Geiste und mas­siger Sinnlichkeit. (5.) Diese Erscheinung im All­gemeinen möge uns als Wink zum Urtheile dienen!

§. 12.

Doch wird nicht leicht ein Mensch gefunden weiden, bei dem sich nicht Momente von An­regungen bald von einer, bald von der anderen der ihm mangelnden Naturen einfänden. Wer hat