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Die Bremer Papyri / von Ulrich Wilcken
Entstehung
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146
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Wilcken:

zweiten Namen führte:&aijioi/is h Kai [. Der zweite Name ist uns leider nicht erhalten. Diese Tatsache zusammen mit den obigen Bedenken hat mich auf die Vermutung geführt, daß dieser Brief von Eudaimonis geschrieben ist, die hier einmal ihren zweiten Namen, nämlich Cofipic;, gebraucht hat 1 , und ich war überrascht, wie unter dieser Annahme alle obigen Bedenken schwinden und sich direkte Über­einstimmungen mit anderen Briefen der Eudaimonis erkennen lassen. Erstens erklärt sich nun von selbst, daß Aline alsfruYOTHp bezeichnet wird. Ferner entspricht es dem Stil der Eudaimonis, daß sie im Brief an Aline ihren Sohn Apollonios als »deinen Bruder« bezeichnet, wie hier in Z. 3. Vgl. Giss. 23, 8/9. Dazu kommt, daß das immerhin auffällige Kai tööv dßao-KdvTcov aou ohne iraiSicov in Z. 4 sich genau so in diesem Gießener Papyrus 1. c. findet (Z. 7ff.): th? üyeiac, aou Kai tou dSeX^>ou «tou 'cVttoXXcoimou Kai tcöv d|JaaKdi/Tcoi/ uvacöi> fast wörtlich mit unsermText übereinstimmend! Ferner sei erwähnt, daß das C in CoSpig (1) aus £ korrigiert ist. Vielleicht hatte der Schreiber (das War nicht Eudaimonis selbst) zuerst Cuoainoi/ic; schreiben wollen und hatte dann erst nach Korrektur Cofipic; geschrieben. Vor allem aber erklärt sich jetzt der vorher so merkwürdig erscheinende Auftrag für die iraiSia in Z. 9 ff. sehr einfach. Nunmehr sagt Eudaimonis-Soeris: »Du schreibst mir über Halbkeramien für meine Kinder (unberufen!).« Ihre eigenen Kinder Apollonios und Aline kann sie nicht meinen, aber wen dann? Man braucht nur Flor. III 332 zu lesen, um zu sehen, daß Eudaimonis gelegentlich als zärtliche Großmutter ihre Enkel, die Kinder des Apollonios und der Aline, als »ihre Kinder« bezeichnete 2 . Dort heißt es Z. 15fr. in dem Brief an Apollonios: TTpd irävrcav euxonat ae uytaivw (jteTa Kai tcöv iraiSicov \iov Kai th£ |iHTpog auTcöv (Aline). Genau diese eigenartige Ausdrucksweise liegt nach meiner Hypothese auch in unserem Briefe vor: die -iraiSia \iov sind die Kinder der Aline, die für ihre eigenen Kinder um die Halbkeramien gebeten hat, die dann auch der Aline nach Heptakomia hingebracht werden sollen. Aus allen diesen Gründen ist es mir sehr wahrscheinlich, daß die Schreiberin dieses Briefes eben die Eudaimonis ist, die hier einmal mit ihrem zweiten Namen Soeris genannt wird. Ich erwarte Widerspruch gegen diese kühne These, aber ich wollte sie doch nicht unterdrücken, denn schließlich lernen wir doch immer bei solchen Diskussionen.

Verso.

Cofipic; 'o\X{vhi thi -fl-uyaTpi x a ^P ew -

TTpd yikv TvavTO^ euxoviai aai uyiai-

vew [iBrä 'ä.ttoXXcoi'iou tou dScX^ou aou

TCÖV

kai d(Lao-KdvTooi/ crou. TTcöc; ypdf|>ic;

1 Daß auch die zweiten Namen im Gebrauch lebendig waren, zeigt z. B. Ryl. II 1575 ein Vertrag, in dessen 1. Z. beide Namen des Kontrahenten genannt werden, nachher aber nur die zweiten.

2 Das tun wir Großväter auch heute noch oft.