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Die Bremer Papyri : / von Ulrich Wilcken
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Die Bremer Papyri

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Empfehlungsbriefe an Apollonios (Nr. 59).

Nr. 5. Empfehlungsbrief des Faberius Mundus (s. Lichtbild).

P. 18 (Bibl.). H.22.5cm.Br. 18 cm. Die Schrift (s. unten) steht parallel der Paginabreite.

Verso unbeschrieben.

Ein Römer 0üa(Ü6pios (Faberius) JULoOi/Sog empfiehlt dem Apollonios einen OüX-moc, JLLdXxog, der Benefiziar des Präfekten Q. Rammius Martialis war. Da Rammius vom I.Jahr des Hadrian (11.28. August 117) bis zum 4. August 119 als Präfekt bezeugt ist, ist dadurch mit einem Spielraum von wenigen Jahren die Zeit unseres Briefes gegeben. Jedenfalls ist er nach Beendigung des Judenkrieges, in Friedenszeiten geschrieben (s. unten). Der Empfohlene, OuXinos JULdXxog, ist seinem Namen nach ein Semit, der von Trajan das Bürgerrecht erhalten hatte. Daß er ein persönlicher Freund des damaligen Epistrategen Flavius Philoxenos war, lehrt der nächste Brief Nr. 6. Da er ein Benefiziar des Präfekten war, wird seine Anwesenheit in dem Gau des Apollonios wohl im besonderen Auftrage des Präfekten erfolgt sein (s. unten).

Paläographisch ist dieser Brief von hervorragendem Interesse, weshalb ich ein Lichtbild beigefügt habe. Einmal ist die Schrift des Briefes ein vorzügliches Beispiel einer geradezu kalligraphischen Leistung der Kanzlei eines römischen Beamten. Noch interessanter ist die Unterschrift des Faberius (Z. 1416), die zwar griechisch ist, wie das einem Strategen gegenüber selbstverständlich ist 1 , aber einen entschieden lateinischen Duktus zeigt und im besonderen statt des griechischen Epsüon durchweg das aus der lateinischen Cursive uns bekannte P = e verwendet. Dieser Mischtypus erklärt sich daraus, daß hier ein Römer schreibt, der gewiß von Haus aus Latein zu schreiben gelernt und erst nachträglich Griechisch zu schreiben dazu- gelernt hatte und im praktischen Leben mehr Latein als Griechisch zu schreiben gewohnt war. Denselben lateinischen Typus des Griechischen finden wir in Nr. 6, Verso 910, und am ausgiebigsten in Nr. 10, die beide auch aus römischen Kanzleien stammen. Als Zereteli vor langen Jahren im Archiv I 336ff. in BGU III 815 (2. Hand) einen »lateinischen Typus« des Griechischen konstatierte und diesen Text ins II. Jahrhundert setzte, fand er Widerspruch bei Wessely 2 , der den Text dem IV. Jahrhundert zuweisen wollte. Ich habe mich schon in meinen Grund­zügen p. XXXIX auf Zeretelis Seite gestellt 3 und würde jetzt nach diesen Bremer Texten den Berliner ohne Bedenken auch in die Hadrianische Zeit setzen. Auch in dem Berliner Stück kommt jenes lateinische e vor, doch vor allem hat es auch einen lateinischen Duktus. Dieses Mischprodukt konnte überall entstehen, wo Römer Griechisch schrieben, und so würde ich mich nicht wundern, wenn noch viel ältere Beispiele uns bekannt würden.

1 Bis zum Strategen hinauf wurde keinem Zivilbeamten zugemutet, Lateinisch zu ver­stehen.

2 Stud. Pal. I p. LXXI 19- Vgl. auch Gardthausen, Byz. Z. 1906, 232.

3 Vgl. jetzt auch P. M. Meyer zu P. Hamb. 54.