ZWÖLFTES KAPITEL
VON 1880 BIS ZUR GEGENWART
Die Entwicklung der Stadt bis 1905
Die Geschichte einer jeden Seestadt wird immer mehr oder weniger die Geschichte ihrer Häfen und ihrer Schiffahrt sein. Für Bremerhaven gilt das in ganz besonderem Maße. In der Zeit seiner Anfänge war der Ort überhaupt nicht mehr als das notwendige Anhängsel des neuangelegten bremischen Seehafens. Allmählich entwickelte sich dann zwar eine Gemeinde von selbständiger Bedeutung. Aber sobald diese Gemeinde zu einigem Umfang heranwuchs, stieß sie überall auf enge und unüberschreitbare Grenzen. Die Gesamtentwicklung jedoch machte natürlich an diesen Grenzen nicht halt. Die Abtretung des kleinen ,,ohne alle Hilfe einer Lorgnette von jedem gesunden Auge" ganz zu überschauenden Landstrichs an Bremen hatte allmählich für das ganze Unterwesergebiet Wirkungen hervorgebracht, wie sie selbst die lebhafte Phantasie des Bürgermeisters Smidt nicht hatte voraussehen können. Tausende von Menschen, so hatte Smidt prophezeit, würden durch die neue Hafenanlage ihr Brot finden. Heute zählen die Unterweserstädte im ganzen 100 000 Einwohner, die doch, mittelbar oder unmittelbar, alle vom Schiffsverkehr in den neuentstandenen Häfen leben. Aber von dieser Unterwesergroßstadt bildet nun Bremerhaven mit seinen 23 000 Einwohnern der Bevölkerungszahl nach kaum ein Viertel, dem Umfange nach einen noch viel geringeren Bruchteil. Das ganze ungeheure Wachstum hat sich — und das hat Smidt richtig vorausgesagt! — nur zum kleinsten Teile auf bremischem Gebiet abgespielt, obwohl es heute fast zehnmal so groß ist wie vor 100 Jahren, und wenn man die Einwohnerzahlen betrachtet, so trifft es fast buchstäblich zu, was Smidt im Juni 1825 dem Kabinettsrat Rose gesagt 32*