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(03/07/1934) Nr. 181
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Dienstag, den 3. Juli 1934

Bremer Zeitung

Nr. 181 Jahrgang 1934

des deutschen Volkes heute noch hinter dem Führer stehen der 30. Juni hat den glatten Beweis dafür geliefert. Nirgends eine Spur von Unruhe in der Bevölkerung. Nur ein einziger Gedanke beherrschte die Masse: Der Führer handelt. Das Schicksal Deutschlands ist bei ihm in guten Händen.

Fassen wir die Dinge der letzten Tage als ein« überwundene Kinderkrankheit des jungen Staates auf. Jede Revolution hatte bis jetzt derartige Begleiterscheinungen zur Folge gehabt. Sie sind meistens viel trüber gewesen, als es bei uns der Fall gewesen ist. Das Ausland hat also keinen Anlaß, darüber tiefsinnige Betrachtungen anzu­stellen. Im Gegenteil muß es, wenn es ehr­lich sein will, die starke Geschlossenheit des Volkes unter Hitlers Führung erst recht anerkennen. Das Ausland muß begreifen, daß weder nach innen, noch nach außen, je eine Macht es wagen kann, an den Grund­festen des nationalsozialistischen Staates zu rütteln. Hinter jedem ernsten Wort der Abwehr steht unerbittlich die starke Tat. Alle Spekulationen auf innere Zerrissenheit scheitern an der nackten Tatsache des starken Willens zur großen Volksgemeinschaft.

So gehen wir mit frischem Mut an die Arbeit des Tages. Der traurige Fall vom 30. Juni wird zu den Akten gelegt. Sonne scheint über Deutschland.

Gin Aufruf Gauletter Bürckels

Neustadt a. d. S-, 2. Juli.

Gauleiter Bllrckel hat folgenden Aufruf er­lassen:SA-Kameraden. SS.-Kameraden, Natio­nalsozialisten! Der Führer hat aufgeräumt und damit uns erlöst. Ein Stein ist nun uns allen vom Herzen genommen. Politische Hasardeure haben die Groschen braver armer Leute ver­schwendet, vom eigenen Ehrgeiz getrieben und mit den Geldern der Reaction geschmiert, am Führer verbrecherischen Verrat verübt. Wir all« bedauern, einmal solche Kameraden gehabt zu haben. Das ganze Volk atmet mit uns auf. 8A.- und SS.-Männer, Nationalsozialisten, nun sind wir erst recht kampfverbundene Kameraden, in der gleichen Treu« für unseren einzigen Führer. Heil Hitler!

Der Gauleiter hat außerdem an Reichskanzler Adolf Hitler folgendes Telegramm gesandt: Mein Führer! Die Haltung des Gaues Pfalz ist ganz selkstverständlich. Für die Durchführung der Säuberungsaktion dankt das ganze Pfälzervolk, insbesondere aber die SA. des Gaues.

Bayerische Ostmark

Bayreuth, 2. Juli.

Wie die Gaupressestelle Bayerische Ostmark mit­teilt, haben nach Bekanntwerden des Komplotts von Röhm, Schleicher und einigen SA.-Führern die Gauleitung Bayerische Ostmark und die SA.» Whrung spontan folgendes Ergebenheitstele- gramm an den Reichskanzler, zugleich an den Stellvertreter des Führers Rudolf Heß, an den Dhef des Stabes Lutze und an den Stabsleiter der Obersten Leitung der PO. Dr. Ley gesandt: Politische Führer und SA.-Führer der bayerischen Ostmark stehen in Ruhe, Geschlossenheit und un­wandelbarer Treue zum Führer.

Lutze an Daldur von Gchlrach

München, 2. Juli.

Der Chef des Stabes, Lutze, hat an den Reichs- jugendführer Baldur von Schirach folgendes Telegramm gesandt:Herzlichen Dank für

Wünsche. Das Band, das uns persönlich immer umschloß, wird nun auch HJ. und SA. ver­binden. Heil Hitler." gez. Lutze.

*

Berlin, 2. Juli.

Der Oberstlandesführer der SA-Referve II, Oberst a. D. Reinhard, sandte am Sonnabend folgendes Telegramm an den Führer Reichs­kanzler Adolf Hitler:Dem Führer und Obersten SA-Führsr in Stunden schwerster Entscheidung gedenkend, gelob« ich im Namen der gesamten SA-Reserve II und aller alten Soldaten des Kyffhäuserbundes bedingungslose Gefolgschaft."

An den Chef des Stabes, Lutze, sandte der Oberstlandesführer der SA-Reserve II am Sonn­abend folgendes Telegramm:Hinter dem Führer Deutschlands und seinem Chef des Stabes steht in Treue fest die SA-Reserve II."

Hitlers Stellung stärker als jemals

Weitere Auölanbsstimmen zum Zv. 2uni

London, 2. Juli.

Die führenden englischen Blätter am Montag­morgen bemühen sich, die letzten Ereignisse in Deutschland sachlich und würdig zu beurteilen. Times",Daily Telegraph" undDaily Mail" sprechen ihre Anerkennung für das Vorgehen des Reichskanzlers gegen aufwieglerische und un­saubere Elemente in der NSDAP. aus.

In einem Leitartikel derTimes" heißt es, die nationalsozialistische Bewegung sei tatsächlich ge­reinigt worden. Der 80. Juni werde ein Weg­stein in der stürmischen Geschichte des National­sozialismus sein. Der Berliner Berichterstatter des Blattes meldet: Historisch gesehen ist die her­vorragende Tatsache die, daß die Reinigung wir­kungsvoll eröffnet worden ist. Die Stärke der nationalsozialistischen Regierung ist neu gekräf­tigt worden, den Verschwörern und Reaktionären wurde eine entmutigende Lektion erteilt.

Times", wie auch andere Zeitungen, stellen fest, daß das Vorgehen Hitlers in ganz Deutsch­land mit allgemeiner Befriedigung aufgenommen worden ist und daß Hitler dadurch eine große An­zahl neuer hundertprozentiger Anhänger gewonnen habe.Hitlers Tat" ist eine Sondermeldung des Daily Telegraph" überschrieben. Hitlers Aktion, so erklärt die Zeitung, habe einen unauslösch. lichen Eindruck der Stärke hinterlassen und Hitler selbst habe die oberste Führung fester in der Hand al» jemals zuvor. Wie man die Er­eignisse auch beurteilen mag der Kanzler zeigte den Mut eines geborenen Führers von Männern.

Daily Mail" berichtet aus Berlin: Adols Hit. ler, der deutsche Kanzler, hat sein Land gerettet. Rasch und mit unerbittlicher Strenge hat er Deutschland von Männern befreit, die eine Ge­fahr für die Einigkeit des deutschen Volkes und für die Staatsordnung geworden waren. Jetzt herrscht große Freude in Deutschland. Ein fri­scher Wind weht durch das Land. Niemals in der Geschichte Europa» hat ein Herrscher mit solch dramatischer Geschwindigkeit gehandelt. Hitlers Stellung ist jetzt viel stärker als sie jemals seit seinem Machtantritt gewesen ist. Das Volk ist allgemein erleichtert.

Daß es jetzt auch unter den liberalen Presse­organen Blätter gibt, die in ihrer blinden Ab­neigung gegen das Regime in Deutschland die vom Führer durchgeführte Säuberungsaktion nicht im Sinn« ihrer Politik, den Nationalsozialismus anzuschwärzen, ausbeuten, sondern versuchen, die Größe und Bedeutung der Maßnahmen sachlich zu würdigen, beweist der heutig« Leitartikel des

Bezahlter Llrlaub für Landarbetter

Berlin, 2. Juli.

Im sozialen Neuaufbau des national­sozialistischen Staates sind wiederum bedeutende Schritt« vollzogen worden, die sich aus dem soeben bekanntgemachten neuen Tarifordnungen von Treuhändern der Arbeit offenbaren. Insbesondere ist die Tarifordnung des Treuhänders für das Wirt­schaftsgebiet Nordmark zu erwähnen, die für alle landwirtschaftlichen Betriebe dieses Bezirks eine Regelung trifft. Sie setzt u. a. fest, daß nach einjähriger Beschäftigung in einem Betriebe allen männlichen und weiblichen Arbeitern Urlaub unter Fortzahlung des Barlohnes und des Deputates zu gewähren ist, und zwar nach einjähriger Beschäftigung zwei Tage, nach zweijähriger vier und nach dreijähriger sechs Tage.

Für die Frauenarbeit in der Landwirtschaft wird in diesem Tarif festgestellt, daß Frauen in erster Linie Gelegenheit haben müssen, in ihrer Familie und in ihrem Hauswesen tätig sein zu können. Auf Frauen, die eine kinderreiche Familie haben, ist besonders Rücksicht zu nehmen. Auch die längeren Kündigungsfristen für die landwirtschaftlichen Arbeiter und Deputatisten sind hervorzuheben.

Aus der Reihe der übrigen Tarifverträge sei die Verordnung des Treuhänders Dr. Daeschner in seiner Eigenschaft als Sondertreuhänder für das ganze Baugewerbe in Deutschland hervor­gehoben. Allen deutschen Bauarbeitern wird ba-

Manchester Guardian", in dem u. a. ausgeführt wird, General von Schleicher habe k,weisellos nicht vergessen können, daß er mit­geholfen habe, drei Kanzler zu stürzen: er habe sich daher den nationalsozialistischen Radikalen zu­gewandt, um durch die SA. wieder ins Amt zurück- zukehren. Er habe, wie es heißt, seine Abge­sandten in Paris und London gehabt, die diplo­matische und finanziell« Unterstützung zu erhalten versucht hätten. Dies war, so bemerkt das Blatt, die letzte Karte des schlauen Elücksspielers, aber sie versagte. Im gegenwärtigen Augenblick scheint Hitler fester im Sattel zu sitzen als je. Die ver­brecherischen Wahnsinnigen sind vernichtet worden.

Kopenhagen, 2. Juli.

Die letzten Ereignisse in Deutschland be­herrschen die öffentliche Meinung in Dänemark so stark, daß alles andere in den Hintergrund tritt. Besonders das scharfe, rücksichtslos« Durch- greifen des Führers und die rasche Durchführung der Säuberungsaktion hat hier großen Eindruck gemacht. Ausführlich geben die Blätter die Er­klärung von Ministerpräsident Eöring vor der ausländischen Presse wieder. Der Berliner Ver­treter vonDagens Nyheter" hebt besonders die starke Stellung Hitlers und da­neben die von Eöring, Goebbels und Frtck her­vor. Festgestellt wird ferner, daß Hitlers Haltung den Respekt vor ihm gesteigert habe. Der Ber­liner Korrespondent der demokratischenPoli­tiken" führt u. a. aus: Die Stimmung in

Deutschland läßt sich in die Worte zusammen­fassen: Hitler hat wieder richtig und klug ge­handelt und das Ansehen der Regierung ge­steigert. Sein Vorgehen hat ihm einen persön­lichen Erfolg von unermeßlichem Ausmaße ge­bracht. In derVerlingske Tidende" wird be­sonders auf die Sympathiekundgebungen für den Führer, sowie darauf hingewiesen, daß in Deutsch­land überall Ruhe herrsche.

Genf, 2. Juli.

Die Ereignisse in Deutschland werden von der gesamten Presse in größter -Ausführlichkeit ge­meldet und kommentiert. Je mehr Einzelheiten über die Vorgänge am 30. Juni bekannt werden, um so deutlicher spiegelt sich in der Presse der Ein­druck wider, daß die Maßnahmen des Reichs­kanzlers und des preußischen Ministerpräsidenten wie ein reinigendes Gewitter die innere Lage Deutschlands geklärt und gefestigt haben.

DieBasier Nachrichten" deren Chefredakteur Oeri sich gerade am 30. Junt in Berlin aufhielt,

nach für 1934 Ferienzeit zugestanden, und zwar bei ununterbrochener Betriebszugehörigkeit von 30 Wochen in Höhe von vier Arbeitstagen, von 30 Wochen in Höhe von fünf Arbeitstagen.

Ozeanflieger wieder in Warschau

Warschau, 2. Juli.

Die polnischen Ozeanflieger Bruder Adamowicz sind am Montag um 17.15Uhr auf dem Warschauer Flugfeld gelandet. Auf dem ganzen Wege wurden sie von polnischen Militärflugzeugen begleitet. Auf dem Flugfeld hatten sich etwa 80 000 Menschen versammelt, die die Flieger begeistert begrüßten. Die Ozeanflieger fuhren im Kraftwagen zum Rathaus, wo sie durch den amerikanischen Bot­schafter, den Stadtpräsidenten von Warschau und Vertretern des polnischen Flugwesens begrüßt wurden. Für Dienstag ist ein Besuch der Flieger im Schloß vorgesehen.

DasAcht-Uhr-Abendblatt" im Besitz der Be­legschaft. Das BerlinerAcht-Uhr-Abendblatt" veröffentlicht eine Erklärung der Belegschaft des Betriebes, in der es u. a. heißt:Mit dem heutigen Tage übernimmt die Berliner Spät- blatt-Beiriebsgemeinschaft G.m.b.H. die bis­herige Gefolgschaft desAcht-Uhr-Abendblattes" die Herausgabe der Zeitung. Unsere Betriebsge- meinschaft hat von dem bisherigen Verleger sämtliche Rechte desAcht-llhr-Abendblattes" erworben, die auf die Betriebsgemeinschaft übergehen. Die Gesellschafter und Geschäftsführer derAcht-Uhr-Abendblatt" G.m.b.H. scheiden nach freundschaftlicher Verständigung aus der Zeitung

schreiben:Die unerbittliche Schärfe und die bei­spiellose Wucht, mit der Reichskanzler Hitler und General Eöring als Repräsentanten der auf eine ruhige, stabile Entwicklung und Konsolidierung der politischen Verhältnisse Hinstrebenden Richtung im Nationalsozialismus vorgingen, zeigen, daß die Staatsführung in starken Händen liegt und die SpekulationenL ia banse" keineswegs zugelassen werden können. Für die außenpolitischen Disposi­tionen. die dem deutschen Reich bevorstehen, kann diese innerpolitische Bereinigung klärend und be­ruhigend wirken."

Oeri meldete am 1. Juli aus Berlin: Die SA. ist, nachdem sie nun von Hitler und Eöring direkt in die Hand genommen und von subversiven Führerelementen gereinigt worden ist, stärker als je. Die Freude gewisser reaktionärer Kreise über den Erfolg des gestrigen Tages war daher ganz verfrüht. Die SA. bleibt die festeste Stütze des Regimes.

Die westschweizerischeSuisse" schreibt u. a., die Ereignisse hätten gezeigt, daß Hitler die stärkste Persönlichkeit Deutschlands sei.

Mailand, 2. Juli.

Der Berichterstatter desPopolo d'Jtalia" schreibt: Das nationalsozialistische Regime hat einen Aufstand im Keim erstickt, der leicht in Revolution ausarten und unberechenbare Folgen hätte haben können. In Deutschland herrsche voll­ständige Ruche, und auch Berlin zeige nicht die geringste Beunruhigung. DerCarriere della Sera" hebt hervor, daß die Regierung Hitler die Lage beherrsche, Hitler, der zu den Unterführern immer wohlwollend und tolerant gewesen sei, habe im Falle Rohm eine sehr große Enttäuschung erlebt. Auch die katholische ZeitungJtalia" betont, daß die Regierung Herr der Lage sei. Der Berliner Korrespondent derStampa" schreibt, die NSDAP. habe zweifellos in letzter Zeit eine Krise durchgemacht. Von dem jetzt unterdrückten Aufstandsversuch bleibe die Treue der großen Mehrheit unberührt. Der Berliner Gewährs­mann des Blattes erwähnt auch die vollkommene Ruhe im Lande und betont, daß die Macht fest in den Händen der Regierung sei. Die Turiner Gazzetta del Popolo" veröffentlicht den ersten Bericht unter der Schlagzeile ,/Sofortige Unter­drückung eines düsteren Komplottes gegen das Regime in Deutschland" und hebt die Tatkraft hervor, mit der das geschehen ist.

Fiottendemonftration oder Flottenbesuch?

Von einem Kenner der Verhältnisse auf dem Balkan wird uns geschrieben:

An die italienische Flottendemonstration vor Durazzo werden vielerlei Vermutungen ge­knüpft, und insbesondere werden von Belgrad und Paris aus die beunruhigendsten Vermutun­gen ausgesprochen. Es ist bekannt, daß Alba­nien mit Italien vor Jahren einen Bünd­nisvertrag abschloß, nicht nur in handelspoli­tischer, sondern auch in militärischer Beziehung. Dieser Bündnisvertrag ist darauf zurückzuführen, daß beide Länder verbunden werden durch die Gemeinsamkeit der Tradition und der gemein­samen Küsten der Adria. Rom hat immer den Verhältnissen Albaniens ein besonderes Augen­merk gewidmet. Für den Kenner des Balkans und seiner politischen Situationen liegt es völlig auf der Hand, daß das italienisch-albanische Bündnis die Gleichgewichtsfrage an der Adria berührt, da Jugoslawien Verbündeter Frank­reichs ist.

Italien hat, abgesehen von den Handelsver­trägen und den Konventionen über Post- und Telegraphenverkehr, sich jedenfalls engstens auch militärisch mit Albanien gebunden gehabt. Vielleicht sollte Albanien den Italienern bei einem eventuellen Kriege in der Adria nicht nur eine Landungsbasis bieten, sondern auch gleich­zeitig den Rücken gegen Jugoslawien decken. Die Vermutung liegt nahe, daß sämtliches Kriegs­material, das für Albanien nur zu Verteidi­gungszwecken angeschafft wurde, ausgesprochen italienischen Ursprungs ist.

Mit den benachbarten Staaten unterhält Alba­nien freundschaftliche Beziehungen und vermeidet mit großer Sorgfalt jeden Anlaß zu Unstimmig-

Tin Liebling der Legende

Lu Medemcmn

Am 29. April 1774 kündigt Wilhelm Friede- mann Bach ein Orgelkonzert in der Marienkirche zu Berlin an. Die Beteiligung des Publikums scheint nicht sonderlich rege gewesen zu sein. Das Konzert wird auf einen späteren Tag verlegt. Es soll überhaupt nicht stattgefunden haben. Jene Ankündigung ist eines der letzten echten zeitgenössischen Zeugnisse um den ältesten der Söhne des Leipziger Thomaskantors Bach: zehn Jahre später, am 1. Juli 1784, ist er, 74 Jahre alt,ein verkommenes Genie in des Wortes wah­rem Sinne", arm und verelendet im Dunkel der Vergessenheit verdorben und gestorben.

Und dennoch lebt er, ein bevorzugter Liebling der Legende, die wohl um keinen deutschen Musiker einen üppigeren und bunteren Anekdotenkranz gesponnen hat als um ihn. Ja, sein Name ist so­gar volkstümlich geworden, denn die Erzählung Friedemann Bach", die der Dichter des Trauer­spielesNarzitz", Albert Emil Brachvogel, ge­schrieben hat, gehört zu den am meisten gelesenen historischen" Romanen. Und so, nicht zuletzt durch die weite Verbreitung eines allerdings äußerst spannend und unterhaltsam geschriebenen Roma­nes, ist es gekommen, daß in die breitesten Schich­ten des deutschen Volkes dieses Romanbildnis eines Menschen drang, dem das Vorbild, das Menschenleben Friedemann Bach, nicht im ent­ferntesten entspricht. Alles, was wir aus diesem Buche, dessen Eesellschafts- und Milieuschilderun­gen zum Teil recht treffend und anschaulich sind, über den Titelhelden erfahren, über seinen Wan­dertrieb, seinen Hang zu romantischem Vagabun- denlebsn, die Geschichte seiner Liebe zur Zigeune­rin Toweida, die Tage verspäteter Triumphe in Berlin, alles ist fromme Erfindung, in ihrer Art gewiß gut gemeint, rührend, aufregend, Mitleid erweckend und ein dankbarer Gegenstand für einen

ichs 150. Todestag

phantastebegabten Schriftsteller, wie es Albert Emil Brachvogel war, den das Leben ja auch nicht mit Elücksfällen und Elückszufällen ausge­zeichnet hatte. Aber es ist doch ein falsches Bild und verzerrte Wirklichkeit, das den Tatsachen ebensowenig gerecht wird wie jene Urteile, die Friedemann hemmungslose Trunksucht und wer weiß was alles für Ausschreitungen außer einem leichtfertigen Raubbau mit seinen Gaben und Ta­lenten vorwerfen.

Wilhelm Friedemann Bach steht im Schatten des Ruhmes seines Vaters, der zu Weimar Hof­organist und Kammermusikus des Herzogs von Sachsen war, als Maria Barbara Bach, Tochter Johann Michael Bachs, Johann Sebastian diesen seinen ältesten Sohn gebar. (22. November 1710.) Er ist immer des Vaters Liebling gewesen und 'seine große Hoffnung, auf die der Meister aller Thomaner seine größten Erwartungen gesetzt hat. Da der Knabe früh bedeutende musikalische Be­gabungen zeigt, nimmt ihn der Vater in erste Zucht und Schule. Friedemann muß sich aber auch auf die Universität vorbereiten. Der Mu­siker, der im 18. Jahrhundert etwas gelten will, es zu etwas bringen soll, muß eine gediegene und um­fassende Bildung haben. Und so ist Friedemann nicht nur Musiker und ein im Handwerklichen vorzüglich ausgebildeter Könner, er besucht auch die berühmte Universität zu Leipzig und hört Vorlesungen über Philosophie und Jura. 1733, mit 23 Jahren, wird er Organist an der Sophien- kirche zu Dresden. Neben der Berufsarbeit treibt er mathematische Studien. Der Hofmathematikus Walz unterrichtet ihn. Nach dreizehn Jahren kommt er um seine Entlassung ein, da eraußer­halb Dresdens eine Verbesserung gefunden" habe. Er.wird Organist in Halle. Die ersten Jahre scheint er auch hier das geregelte Leben eines

Bürgers und braven Musikers geführt zu haben. Dann, als er gelegentlich um Gehaltserhöhung einkommt, erfahren wir, daß er sich beim Stadt- kollegium unbeliebt gemacht hat.Vergeßlichkeit, Dienstversäumnis und ungebührliches Betragen" werden ihm vorgeworfen. Das Verhältnis wird gespannter und gespannter.

1764 gibt Bach kurzerhand seine Stellung aus Vier Jahre später sehen wir ihn unter den Be­werbern, die sich für dieselbe Stelle melden, die zwei inzwischen verstorbene Organisten bekleidet hatten. Vielleicht Hai Friedemann Bach wäh­ren der verstrichenen vier Jahre in Halle ein Le­ben führen müssen, das seinen Stolz gebrochen hat, vielleicht tat er es aus Liebe zu seiner Frau Doro­thea Elisabeth, Tochter eines Akzise-Einnehmers, diesen Schritt. Zeitgenossen versichern indessen, daß er Frau und Kind wenig liebreich und zärt­lich behandelt hätte. Genug, Bach wird abgewie­sen als Bewerber. Nun scheint's mit Gewalt bergab gegangen zu sein. Wir begegnen ihm 1772 in Vraunschweig, 1773 in Eöttingen. Dann taucht er in Berlin auf. Freunde des Vaters, Zeitgenossen, die seinen Genius schätzten, haben ihn gewiß unterstützt. Traurig wird er sich durch­geschlagen haben. Mit dem Alter und mit der wachsenden Verarmung verrinnen Kunst und Können rascher als in geordneten Verhältnissen. Frau Sorge, die graue Frau, zehrt an Fleisch und Geist, 1784 endet das Leben eines Genies.

Friedemann Bach bat eine Reihe von Werken hinterlassen, die ihm einen Namen und eine Stellung in der Geschichte der deutschen Musik sichern. Bedauerlicherweise ist der Teil der hin­terlassenen Werke seines Vaters, der ihm nach dessen Tode zugefallen war die vorhandenen Manuskripte sind unter die beiden ältesten Söhne verteilt worden und nur Karl Philipp Emanuel hat den ihm zugefallenen Teil der Nachwelt be­wahrt und überliefert verloren gegangen. Friedemann hat Kantaten geschrieben, Sonaten, Phantasien, Fugen und Konzerte. Die besten und beachtenswertesten unter ihnen zeichnen sich

durch eine seltene Innigkeit und Innerlichkeit aus, die über den zeitgenössischen Stand der Musik Hinausweisen. Sie sind melodienreich und so durchaus persönlich in ihrer stilistischen Haltung, daß wir es verstehen können, warum Vater Bach diesen seinen Sohn mehr liebte und lobte als seine anderen Kinder. Auch gilt er als hervor­ragender OrgelvirtuoseSein Registerverständ­nis an der Orgel hat ihm noch niemand nachge­macht. Er mischt die Register, ohne sein Spiel zu unterbrechen und bringt dadurch einen be­wunderungswürdigen Eindruck hervor. Seine Faust ist eine Riesenfaust, die nie ermattet. Kon­trapunkt, ungewöhnliche Ausweichungen, herrliche Harmonien und äußerst schwere Sätze, die er mit der größten Sauberkeit und Richtigkeit heraus­bringt, herzerhebendes Pathos und himmlische Anmut alles das vermengt der Zauberer Bach in sich und erregt das Staunen der Welt." So Schubart über den Orgelvirtuosen Wilhelm Frie­demann Bach.

Kein Zweifel: Gestalt und Werk dieses Mannes gehören der deutschen Musikgeschichte an. Gewiß ist, daß er ein Ziel nicht erreichte, das zu erreichen seine Begabung und Kraft wohl ausgleicht hätten. Gewiß ist auch, daß erein verkommenes

Genie

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daß

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Genius

seinen

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druck gefunden hat, der den Bereich seines Erden­wandels erfüllt. Denn gewiß wird endlich am Beispiel dieses Menschenlebens, mag es nun so verlaufen sein oder anders hätte verlaufen können, daß es Genies, die ihren Genius nicht erfüllten, nicht gibt. Wenigstens nicht für die Nachwelt. Denn von solchenverhinderten" Genies weiß die Welt nichts. Ihre Geschichte kann man glücklicherweise und leider zugleich! nicht schreiben. Es ist darum sinnlos, einem Bild­nis Friedemann Bachs nachzutrauern, wie es so

ketten, wenngleich fast die Hälfte der albanischen Bevölkerung als Folge des Balkankrieges auch heute noch unter der Schirmherrschaft fremder Staaten lebt. Durch mehrere Verträge mit Jugo­slawien und Griechenland wurden die Handels­beziehungen, der Erenzverkehr und insbesondere die Minoritätenfrage geregelt. Auch mit Rumä­nien. Bulgarien und der Türkei lebt Albanien im besten Einvernehmen. Mit allen anderen Großmächten werden normale diplomatische Beziehungen unterhalten, die ihren Ausdruck in den verschiedenartigsten Handelsabkommen finden.

Kein Beispiel in der Geschichte"

8 Köln, 2. Juli.

Der Stabsleiter der PO und Führer der Deut­schen Arbeitsfront, Dr. Ley, hatte am Sonntag vormittag auf dem Messegelände einen Appell der politischen Leiter des Gaues Köln-Aachen abge­nommen. In seiner Begleitung befand sich Gau­leiter Staatsrat Droht. Nachdem Stabsleiter Dr Ley die Front der politischen Leiter abge­schritten und anschließend den Vorbeimarsch der Formationen abgenommen hatte, richtete er an die politischen Soldaten des Gaues eine An­sprache. in der er besonders auf die Ereignisse des vorgestrigen Tages zurückkam.

Das, was der Führer vorgestern vollbracht habe, sei so gewaltig und groß, daß es dafür kein Bei­spiel in der Geschichte gebe. Wieder habe man ge­sehen, wie der Führer sich vollkommen aufgebe, um allein seinem Führertum zu leben. Diese Hingabe an eine Idee, an die Idee unter Aufopferung seiner selbst, verpflichtet alle zu dem Gelöbnis, Fehler, die aus unseren menschlichen Schwächen kommen und uns noch anhängen sollten, abzu- legen und uns ganz in den Dienst der großen Sache zu stellen. ^ ^

Man wolle mit heißem Herzen und heißem Wollen die Seelen zum Führer hinüberschwingen lassen. Adolf Hitlers Tat von vorgestern habe dem Volk, der Partei und Deutschland jenen gewalti­gen revolutionären Impuls wiedergegeben, der notwendig sei, und immer wieder notwendig sein werde, um Deutschland zu der Größe emporzu- führen, wie es nun einmal das Schicksal fordere. Begeistert stimmten die taufende politischen Lei­ter in das dreifache Sieg-Heil ein, das Dr. Ley auf den Führer ausbrachte.

Eingehend legte Stabsleiter Dr. Ley sodann die Aufgaben der politischen Leiter dar. Durch das energische Eingreifen des Führers sei auch jetzt hoffentlich die Zeit da, wo SA. und politische Leitung wieder ein Herz und eine Seele seien, wie es im Anfang war. Zum Schluß kam Dr. Ley noch einmal auf die Tat des Führers zu sprechen.

Dammbruch in Spanien

Madrid, 2. Juli.

Wie aus Zamora gemeldet wird, ist der Damm des dortigen Stauwerkes von den Fluten durch- ' brochen worden. Das unterhalb des Stauwerkes gelegene Maschinenhaus wurde überflutet. Neun Arbeiter sind ertrunken. Mehrere Arbeiter wer­den vermißt. Man nimmt an, daß sie ebenfalls ertrunken sind.

Leichter Unfall -es DampfersFrauenfels" Breme«, 2. Juli.

Beim Einlaufen in den Hafen von Maltir^köllft-" Vierte der deutsche Hansa-DampferFrauÄlseks"' bei schwerem Wetter mit der Leuchtboje, wobei seine Schraube beschädigt wurde. Inzwischen ist der Dampfer in den Hafen eingelaufen, und man versucht, die Schraube zu reparieren. Der Dampfer selbst wurde nicht beschädigt.

Amtlich wird mitgeteilt: Der Herr Reichs­präsident hat den bisherigen Regierungspräsiden­ten von Ober- und Mittelfranken, Obergruppen­führer der SA. Hans Hofmann, zum Staats­sekretär beim Reichsstatthalter in Bayern er­nannt.

Acht Jahre Zuchthaus für einen Spion. Der

Erste Strafsenat des Breslauer Oberlandesgerichts verurteilte am Montag einen Angeklagten wegen Spionage sowie wegen Patzvergehens zu einer Gesamtstrafe von acht Jahren Zuchthaus, Stellung unter Polizeiaufsicht wurde für zulässig erklärt.

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Vsrsntvvortltoüer ^.ULsIbsrilvItsr: Lnrl L.. Hstas, örsmgll. V. 34: SS 633. Kür llllvsrlsllxt stllxsranyts klslluslrrlpts virä kslas 6snLür Übsraoiaillell.

rührend traurig, so ergeifend düster, so schicksal­haft zwangsläufig und unabwendbar, so einzig­artig reizvoll nur existieren kann in Legende und Roman.ese

Lebendiges Dagreuth!

Als bekannt wurde, daß bei den diesjährigen Festspielen in Bayreuth derParfifal" in völliger Neuinszenierung herauskommt, hörte man aus be­stimmten Kreisen immer wieder die Forderung auftauchen, daß man doch in Bayreuth Wagners Werk in der noch von ihm selbst gebilligten und hinterlassenen Ausstattung, also im Stile der achtziger Jahre, erhalten und in unangetasteter Form den Bayreuher Festspielbesuchern zeigen möge. Demgegenüber betonte aber die Bayreuth- Hüterin, Frau Winifred Wagner, in der richtigen Erkenntnis, daß Bayreuth kein« Museums-Angelegenheit sein und wer­den darf, soll Wagners Werk lebendig bleiben, daß bei aller Unantastbarkeit der geistigen Werke selbst doch der äußere Rahmen sich dem jeweiligen Zeitstil anpassen müsse.

Die äußere Gestaltung eines Werkes I» äußerte sich Frau Winifred Wagner in einem Interview mutz dem jeweiligen Zeitgeist ent­sprechen, um es dem Menschen dieser Zeit nahe­zubringen. Musik und Wort des Meisters blei­ben natürlich unverändert. Auf eine kurze For­mel gebracht, bedeutet das: Der Inhalt ist ewig, die Form wandelbar! Ich stehe selbstverständlich auf dem Boden der Vayreuther Tradition, aber ich sehe meine und meiner Kinder Aufgabe darin, diese Tradition über Generationen hinweg leben­dig zu erhalten. Dies kann aber nur geschehen, wenn man sie vor Erstarrung bewahrt." tiicl.

Motette im Dom

Heute, um 10 Uhr, anläßlich der Tagung der Landesmusikerschaft der Reichsmusikkammer. Bre­mer Domchor, Orgel. Eintritt frei.