Jahrgang 
Band 88 (2009)
Seite
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Bremens zur Hanse nichts einzuwenden hatte und dabei auch bereit war, neue, bisher unübliche Methoden wie die Ausstellung einer Aufnahmeur­kunde anzuwenden.

8. Wirtschaftliche Konkurrenz und Animositäten zwischen Hamburg und Bremen

Ihren Ausgang nahm jene 1358 losgetretene Debatte über das Verhältnis Bre­mens zur Hanse aber allem Anschein nach nicht in Lübeck, sondern in Ham­burg. Den entscheidenden Anhaltspunkt für diese Annahme liefert wiederum die Bremer Stadtchronik von Rinesberch und Schene. Die verbissene Riva­lität, ja geradezu Feindschaft zwischen Hamburg und Bremen zieht sich wie ein roter Faden durch den Chronikbericht über die (Wieder-) Aufnahme Bre­mens in die Hanse, und wenn die Glaubwürdigkeit der Chronikdarstellung, wie gezeigt, auch nicht immer über jeden Zweifel erhaben ist, so entsprechen die hamburgisch-bremischen Animositäten doch mit ziemlicher Sicherheit der Realität. Der Rinesberch-Schene-Chronik zufolge hatte die Verärgerung Hamburgs über seine Nachbarstadt Bremen vor allem in den Kapereien des Bremer Bürgers Johann Hollemann ihren Grund, der auf der Elbe und in der Elbmündung wiederholt hamburgische Schiffe aufgebracht und dadurch der Hamburger Handelsschiff fahrt schweren Schaden zugefügt habe. 196 Letzteres ist durchaus glaubwürdig, sind die seeräuberischen Aktionen des Bremers Jo­hann Hollemann doch auch sonst gut bezeugt. So beschwerte sich der Ham­burger Rat in zwei getrennten Schreiben an den Provisor des Bremer Erzstifts, Moritz von Oldenburg, und an den Rat der Stadt Bremen voller Verbitterung darüber, dass Johann Hollemann und dessen Komplizen angeblich grundlos Hamburger Bürger beraubt hätten und ihr Beutegut anschließend ohne große Probleme nach Bremen und in das nahegelegene Ritterhude bringen konnten. 197 Hollemann wird hier als ehemaliger Bürger Bremens bezeichnet, offensichtlich hatte sich die Stadt wegen seiner Untaten inzwischen von ihm distanziert und ihm das Bürgerrecht aberkannt. 1359 verlor Hollemann ein Schiff durch Kaper, und noch 1368, zwei Jahre nach seinem Tod, kamen aus Friesland Entschädigungsforderungen für gekaperte Waren Hollemanns. 198

Wer war dieser Johann Hollemann? Seine Charakterisierung als gesetzloser Freibeuter stellt allenfalls die halbe Wahrheit dar und folgt undifferenziert der Rinesberch-Schene-Chronik, die Hollemann wegen der Schwierigkeiten, die er seiner Vaterstadt durch seine Kaperfahrten bereitete, und wegen sei­ner unrühmlichen Rolle, die er beim sog. Verrat von 1366 spielte, 199 in einem

196 Die Bremer Chronik (wie Anm. 2), cap. 462, S. 136 f.

197 BUB III, 116, 117. Das Datum der beiden Schreiben ist unbekannt, doch spricht vieles dafür, dass sie kurz vor der Aufnahme Bremens in die Hanse, also wohl im Frühjahr oder Frühsommer des Jahres 1358 verfasst wurden. Vgl. H. Schwarzwälder, Bremens Aufnahme (wie Anm. 1), S. 60 f.

198 BUB III, 338. Vgl. auch H. Schwarzwälder, Bremens Aufnahme (wie Anm. 1), S. 61.

199 Vgl. Die Bremer Chronik (wie Anm. 2), cap. 493-497, S. 157 ff. Hollemann wurde nach der Niederschlagung des innerstädtischen Aufruhrs erschlagen und zur allgemeinen Abschreckung im Fenster seines Hauses aufgehängt.

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