Jahrgang 
Band 72 (1993)
Seite
35
Einzelbild herunterladen
 

bis 1354 4 . Auch im Hinblick auf sozial-karitative Leistungen war Hermann die herausragende Person der Familie. Vermutlich testamentarisch 5 stiftete er ein Gasthaus für Arme und Pilger, eine Stiftung, die auch zur Erlangung und Sicherung seines Seelenheils beitragen sollte. Im Jahre 1366 wurde sie durch den Rat bestätigt 6 . Anfang des 16. Jahrhunderts legten die Vorsteher des St. Gertruden-Gasthauses ein Memorienbuch an, in das die Fundationsurkunde in niederdeutscher Übersetzung gleich zu Beginn eingetragen wurde 7 ; das Andenken an den Stifter des Hauses war also fast einhundertfünfzig Jahre

4 BUB II, Nr. 277 (21. Januar 1327) bis BUB III, Nr. 57 (7. September 1354). In Anm. 2 zur Stiftungsurkunde des Gertrudengasthauses im BUB III, Nr. 267 wird sein Tod bald nach 1354 vermutet. Lübcke (wie Anm. 3) nennt ihn 1356 als verstorben; in diesem Jahr Urkunden drei Vormünder für seinen Sohn Heinrich, was für die Annahme sprechen würde. Vgl. BUB III, Nr. 80 (3. April 1356).

5 BUB III, Nr. 267 (24. Juli 1366), Bestätigung der Stiftung durch den Rat der Stadt. Aus dieser Fundationsurkunde geht zumindest hervor, daß er genaue Bestim­mungen über das Gasthaus, seine Dotation und Verwaltung in seinem Testament getroffen hat. Zur Gründung des Gasthauses siehe unten.

6 BUB III, Nr. 267. Zum Stiftungsbegriff vgl. Michael Borgolte, Die Stiftungen des Mittelalters in rechts- und sozialhistorischer Sicht, in: Zeitschrift der Savigny- Stiftung für Rechtsgeschichte, Kan. Abt., 105. Band, 1988, S. 71-94. Eine nieder­deutsche Übersetzung aus dem Jahr 1483 findet sich im Ratsdenkelbuch. Vgl. hierzu auch Hermann Lange: Geschichte der christlichen Liebestätigkeit in der Stadt Bremen im Mittelalter (Münstersche Beiträge zur Theologie, Heft 5), Mün­ster 1925, S. 148 f. mit Anm. 709. Ein Abdruck der niederdeutschen Fundationsur­kunde bei Johan Philip Cassel, Bremensia, Bremische historische Nachrichten und Urkunden ans Licht gestellt, Bremen 1766- 1767, Bd. II, 3. Teil, S. 472-475. Zwischen dem mutmaßlichen Tod (vgl. oben Anm. 4) Hermanns von Ruthen und der Stiftungsbestätigung durch den Rat liegen also mindestens zehn Jahre. Lan­ge S. 148 vermutet, daß die außen- wie innenpolitische Lage Bremens, die Aus­einandersetzungen mit Moritz von Oldenburg, dem Bistumsverweser, um Bistumsangelegenheiten und die Fehde mit dem Grafen Gerd von Hoya, ferner die innerstädtischen Unruhen um die »grande Kumpanie« (vgl. Wilhelm v. Bip­pen, Geschichte der Stadt Bremen, Bd. 1, Bremen 1892, S. 204-221) diese Verzö­gerung verursachten. Dabei sollte aber beachtet werden, daß der Zeitraum zwi­schen Stiftung und Bestätigung auch bei anderen Objekten zuweilen einen Zeitraum von mehreren Jahren umfassen konnte. Die Altarstiftung der Gertrud Haverbeker (Altar der HU. Pauli und Dionysii in der Ansgarii-Kirche) wurde 1334 bestätigt (BUB II, Nr. 358), die Stiftungsurkunde ist von 1326 (BUB II, Nr. 275). Die Stiftung des Altars zu Ehren der 10 000 Märtyrer und Sylvester geht auf 1322 zurück (BUB II, Nr. 225), die Bestätigung erfolgte 1331 (BUB II, Nr. 322).

7 StAB 2-T.6. f. 1. Daß es sich hierbei nicht um eine eigenständige Übersetzung, sondern um eine Abschrift handelt, beweisl /..B. ein Textverlust von zwei Worten in der Einleitung der Urkunde. Ein Vergleich mit dem bei Cassel (wie Anm. 6) abgedruckten Text zeigt, daß auf Fol. 1 recto, 5. Zeile, vor »Rad der Stadt Bre­men« die beiden Wörter »wünschet de« ausgefallen sind, was nur mit einem Augensprung des Schreibers zu erklären ist. Da andererseits die Abschrift im Memorienbuch auf Fol. 2 recto, im Zusammenhang mit Erweiterungen der Ren­ten durch Stiftungen anderer Personen, einen Teilsatz bietet (im folgenden unter­strichen), der bei Cassel nicht erscheint (Vnde wolde ock de sulue Hermen offt in

35