Jahrgang 
Reihe A, 33. Band (1931)
Seite
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Bremische Kunst und Künstler in der Fremde.

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keine friesische Stadt war, seine Bedeutung gehabt. Bis zur Wende des 19. Jahrhunderts ist die Kunst in Bremen, wie der Verfasser in den Weihnachtsblättern der Historischen Gesellschaft 1930 darzu­stellen versucht hat, vorwiegend eine nehmende, nur ganz selten, wie im folgenden gezeigt werden soll, auch eine gebende gewesen. Es sind nur wenige Perioden, in denen sich in Bremen ein großes eigenes Kunstschaffen geregt hat, etwa zur Zeit der Erzbischöfe Bezelin, Adalbert und Liemar, der Erbauer des Domes, ferner der Epoche vom Anfang des 15. Jahrhunderts, als der Roland und das Rathaus, die beiden Wahrzeichen Bremens entstanden, schließlich der Periode des Rathausumbaues und seines Meisters Lüder von Bentheim. Neben ihnen stehen allerdings dann noch die Blütezeiten mancher Zweige des Kunstgewerbes, die den Ruf bremischen Handwerks über die Mauern der Stadt getragen haben, wie etwa zeitweise der Gold­schmiede, der Glockengießer, der Zinngießer oder der Bildschnitzer der Renaissance und des Frühbarock.

Diese verhältnismäßig unbedeutende Rolle, die die Kunst im alten Bremen gespielt hat, ist mitbedingt einerseits durch die land­schaftliche und politische Lage der Stadt, andrerseits durch die all­gemeinen Lebensbedingungen norddeutscher Kunst überhaupt und den Charakter der bremischen Bevölkerung im besonderen. Für die geo­graphische und politische Lage Bremens charakteristisch ist zu allen Zeiten seine Isoliertheit innerhalb einer ausschließlich ländlichen Bevölkerung gewesen. Dazu kommt, daß Bremen als Stadtstaat und auch selbst als Sitz des Erzbistums niemals Mittelpunkt eines größeren politisch und wirtschaftlich zusammenhängenden Gebietes gewesen ist. Seine früheren Landbesitzungen an der Weser trugen immer mehr den Charakter isolierter Außenposten. Kunst und Kultur mußte in Bremen also stets ausschließlich von der doch verhältnismäßig an Zahl nur geringen Bevölkerung der Stadt und des engen Landgebietes getragen werden. Hinzu kam das Fehlen irgendeiner bedeutenden Nachbar­stadt. Die Weser war fast der einzige große Weg, der Bremen mit der Welt verband. Näher benachbarte Kulturmittelpunkte fehlten Bremen von jeher fast ganz. Hamburg war jahrhundertelang Glied eines Kulturgebietes, das die Länder an und östlich der Elbe umfaßte und fast ganz ohne künstlerische Beziehungen zu Bremen war. Han­nover hat erst spät größere Bedeutung erlangt, in alten Zeiten waren die Hauptorte der weifischen Lande die von Bremen entfernter