Rezensionen und Hinweise
Auf dem Garten, Klaus: Boote, Yachten und Kleinschiffe aus Bremen. Ein (fast) vergessenes Kapitel Industriegeschichte 1847-1997. Bremen: Hauschild 2012. 471 S.
Als (maritimer) Historiker ist der Verfasser in Bremen und wohl auch darüber hinaus kein Unbekannter. Seine niveauvollen Werke über die Werften Abeking & Rasmussen in Lemwerder (1998), Burmester in Bremen-Burg (2002) sowie dem Traditionsschiff MS FRIEDRICH (2005) sind in diesem Jahrbuch entsprechend gewürdigt worden (Bd. 78, 1999, S. 234-236, Bd. 82, 2003, S. 266-269, Bd. 85, 2006, S. 239-240). Diese Werke einschließlich des vorliegenden Besprechungsbuches sind Spitzenerzeugnisse bremischer maritimer Historiographie.
In diesem Werk kehrt der Vf. werftgeschichtlich in entlegenen Ecken. Die Aufzählung der Betriebe macht allein deutlich, wie viele Desiderate der bremischen Schiffbaugeschichte endlich aufgearbeitet wurden (die Liste auf S. 11 verzeichnet nur die größeren Betriebe): Fritz Oltmann in Flethe/Rönnebeck (1847-1955); Ruhrorter Schiffswerft und Maschinenfabrik GmbH (1956-1967), Havighorst (1852-1959), Sarstedt (1971-1988), Pape (1924-1982), Schiffswerft Blumenthal (1983-1988), alle Rönnebeck; Hoefs (1940-1958), Bremen-Lesum; Reiners (1918-2005), Winkler (1928-2001), beide Lesumbrok; Meyer (seit 1974/1985), Bremen-Burg; Nicolaus Meyer (um 1950- um 1972) in Aumund; Johann Meyer (um 1950 - um 1972) in Bremen-Burg, Atlas- Werke (1902-1969), Bremen; Rolandwerft (1913-1972/1991), Johann de Dood (1921 — 1975), beide Hemelingen; Neptun-Werft (1920-1987), Adlerwerft GmbH (1952-1963 einschließlich der Nachfolgebetriebe), beide Bremen.
Bei diesen meist wenig spektakulären Betrieben, die aber das Bild des Unterweserraums über Jahrzehnte mitgeprägt haben, handelt es sich um Bootswerften, aber auch um Firmen, die bis zu mittleren Schiffsgrößen gegangen sind. Dementsprechend beeindruckend ist das Kaleidoskop an gefertigten Schiffs- und Bootstypen. Es erstreckt sich von Gebrauchs- und Sportbooten, bei denen der Vf. seine profunde Kompetenz auf dem Gebiet des Bootsbaus und Wassersports zeigt, bis hin zu Marine - und Handelsschiffen. Seiner bewährten Arbeitsweise entspricht die für historische Arbeiten unerlässliche, hier sehr souverän vorgenommene Einbettung in die übergeordnete politische, regionale sowie Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Nur zwei Beispiele: Die Vorgeschichte der Atlas-Werke in Gestalt der Präsenz von C. Waltjen & Co./ später AG »Weser« (1847-1902), wird so anschaulich nacherzählt (S. 153-158), dass dabei eine brauchbare Frühgeschichte dieser späteren bremischen Großwerft abgefallen ist. Beeindruckt hat außerdem die Ausleuchtung der Familiengeschichte des Gründers der Bootswerft de Dood (S. 302-313), die zwar nur lückenhaft in den Quellen überliefert ist, aber in einem meisterhaften methodischen Kabinettsstück durch Verknüpfungen mit der Regionalgeschichte sowie sinnvolle Hypothesen ohne spekulative Phantastereien an Erkenntniswert angereichert wurde. Sorgfältige Umsicht in der Bibliographie sowie im Erheben zahlreicher, auch sehr entlegener Quellen zeichnete bereits die früheren Werke des Vf. aus und ist auch hier wieder anzutreffen.
Zwar kann die wissenschaftliche Relevanz von Schiffsbiographie nicht (mehr) an- gezweifelt werden, doch flüchten sich viele populäre Werftbücher in die Beschreibung von Schiffslebensläufen, die aber vom eigentlichen Thema ablenken. Diesen Fehler vermeidet der Vf. Einzelne schiffsbiographische Exkurse tragen Ausnahmecharakter und erscheinen sinnvoll, wie etwa der bei der Rolandwerft 1971 erbaute und den Autor anscheinend irgendwie faszinierende formschöne Frachter BREMER
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