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Die kurhessische Verfassungsfrage.
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könne, weil wo kein Kläger auch kein Nichter sei. Daraus wird auch von dem Verfasser der uns vorliegenden Broschüre der ständischen Commission ein Vorwurf gemacht. Es ist dabei aber außer Acht gelassen, daß durch den noch immer verhängten Kriegszustand und durch ein provisorisches Staatsdicnstgesetz es einzelnen Mitgliedern der Commission fast zur Unmöglichkeit wird, sich gegen die Regierung selbst beim Bunde zu beschweren. Auch dies haben die Bundescommissare nach Ausweis der jetzt^ kundgewordenen Acten freilich nicht gewollt, Herr Hassenpflug legt ihre Anordnungen nur in seiner Weise ans, und leider gibt die zweideutige Fassung so mancher Bestimmung der proviso­rischen Verfassungsgesetze seinem bekannten Jnterpretationstalente den weitesten Spielraum.

Indessen ist unsrer Ansicht nach eine Beschwerde des Ausschusses gar nicht nöthig, um den Bundestag zum Einsehn und zum Einschreiten zu 'ver­anlassen. Denn die kurhessische Verfassungsangelegenheit befindet sich ja be­kanntlich im Erecutionsverfahren. Ist der Bund auch nicht officiell durch Hie Stände des Landes in Kenntniß gesetzt worden von dem, waö im Lande geschieht, so genügen die auf Notorictät beruhenden, durch die Presse bekannt gewordenen Thatsachen vollkommen, um diejenige Kenntniß beim Bunde voraussetzen zu lassen, welche dessen Einschreiten rechtfertigt, ja fordert. Der deutsche Bundestag hat zum öfteren sich bestimmen lassen, Beschlüsse zu fassen und in die inneren Angelegenheiten eines Bundeslandes, auch ohne daß sich eine solche Angelegenheit im Erecutionsverfahren befand, sehr stark einzugreifen. Es ist zu hoffen, daß er es auch in diesem Falle thun werde, wo das Erecutionsverfahren noch schwebt und in jedem Augenblick ein unmit­telbares Einschreiten zuläßt; in einem Falle, wo die Männer aller Parteien und die conservativsten am meisten danken würden für die Beseitigung eines Systems, welches inmitten der ruhigsten Zustände ohne Ende und Absehen des Kriegszustandes zu seiner Existenz bedarf.

Bekanntlich wurde durch Bundesbeschluß sür Kurhessen eine provisorische Verfassung ct. 6. 13. April 1832 gegeben, jedoch mit der Auslage an die kur­hessische Regierungdiese Versassung nebst Wahlgesetz und landständischer Ge­schäftsordnung der in Gemäßheit der Versassung und des Wahlgesetzes einzu­berufenden Ständeversammlung zur Erklärung vorzulegen und von dem Resultate dieser Erklärung eventuell der etwaigen weiteren Verhandlung bei der demnäch- stigen Nachsuchung der Garantie des deutschen Bundes für die revidirte Ver­fassung des Kurfürstenthums der Bundesversammlung Mittheilung zu machen."

Eine Ende 18S3 erschienene anonyme Broschüre*), wie es scheint aus den Mittheilungen der Abgeordneten entstanden, hatte das serner stehende Publicum

Die Vcrfassungsfrage in Kurhessen auf ihrem jetzigen Standpunkt. Leipzig, Neminel- mann. -I8S3.