liege. — Wir billigen daher auf das vollständigste den Entschluß Vinckes und der kleiueu Fraction, die ihm treu blieb, sich diesem Amcndemeut zu widersetzen.
Der Ausgang war nun allerdings ein sehr trostloser. Mit Ausnahme von etwa einigen dreißig Liberalen hat die gesammte Kammer die Anleihe ohne weitere Bedingung votirt, und die Kreuzzeituug kann uuu der Negierung versichern, daß mit Ausnahme jener wenigen Uebelgesinnten das ganze Volk auf ihrer Seite stehe. Aber hätte' die Auuahme des Auerswaldschen Antrages die Sache wesentlich geändert? Dann hätte ja wieder die Kreuzzeituug versichern können, eine kleine Majorität billige allerdings die bisherige Haltung der Regierung, der bessere Theil des Volks aber gehe weiter und verlange ein Anschließen an Rußland. Für das Volk, das Gott sei Dank dieser diplomatischen Feinheiten uud Kuiffe endlich müde geworden ist, bleibt es immer ein Trost, daß wenigstens einige dreißig Männer sich vorfanden, die, um den technischen Ausdruck zu gebrauche», den Muth ihrer Meinung hatten.
Allein so schwer auch diese Empfindung auf das Herz jedes Patrioten fallen muß, der bisher an eine parlamentarische Entwicklung geglaubt hat, so würde es doch voreilig sein, deshalb an unserer Zukunft überhaupt zu verzweifeln. Wir halten die Erklärungen des Herrn v. Bonin zwar nicht für ein Actenstück, durch welches die Kammer ihre Abstimmmung vor ihren Committenten rechtfertige» könnte, aber als Zeugniß eines hochstehenden und hochgebildeten Offiziers ist sie für uns, die Draußensteheudeu, eine hoffnungerregcnde Aussicht. Wir würden als Kammermitglieder durch sie uicht bewogen werden, einem Ministerium 30 Millionen zur beliebigen Verwendung zu übergeben, weil Herr v. Bouiu seiu Mitglied ist, aber wir werden in unserer historischen Ueberzeugung, daß Preußen unmöglich einen Selbstmord begehen kann, dadurch bestärkt. Was Kammerinitgliederu nicht erlaubt ist, nämlich die Wahrscheinlichkeitsrechnung anzuwenden, darf uns zu unserer eignen Beruhigung uicht versagt sein. — Ferner bleibt die Unterzeichnung des Wiener Protokolls immer ein wichtiger Schritt, wenn auch seine Tragweite nicht sehr weit reicht. Obgleich sein Inhalt der allerunbedcutendste ist, so wird durch jeues Factum wenigstens eine übereilte Verständigung mit Rußland erschwert, ein übereilter Bruch mit den Westmächten verhindert, und wir tränen den östreichischen Staatsmännern, deren Führung sich ja Prenßen jetzt überlassen zn haben scheint, wenigstens so viel Einsicht und Charakter zn, daß sie nicht blind in ihr eignes Verderben rennen werden.
Solche Tröstungen sind.freilich sehr deutsche Tröstnugeu, aber sie köuuen uns doch vor zn früher Muthlostgkeit warnen. Die einzigen Kammern von Wichtigkeit, die Deutschland noch besitzt, haben ihre Pflicht gegen Deutschland nicht gethan. Es ist nun an der Zeit, daß die Presse mit größerem Ernst nnd größerer Einheit als bisher sich dieser Pflicht unterzieht. Sie darf nicht müde werden, Tag für Tag aufs neue die Masse des Volks mit denselben Ansichten zu