31
Es wäre cm Anachronismus, wenn ich hier den Kriegsplan zum Gegenstand der Erörterung machen wollte, der sich in einer der neuesten uns zugegangenen Nmnmern der Times ausgeführt findet. Nur das will ich hier anmerken, daß heute noch von einem befestigten Lager um Adrianopel her reden, die militairische Resignation auf die Spitze treiben heißt. Wie?! nach Oltenitza und Tschitate vermuthet man noch ein Vorgreisen der russischen Offensive bis, über den Balkan hinaus, und das in dem Augenblick, wo 11,000 Maun britische Truppen mit der Bestimmung für den türkischen Kriegsschauplatz unter Segel gegangen sind!?.
Wenn Sie mir gestatten wollen, hier eine Vcrmnthung über den eventuellen Operationscntwnrf aufzustellen, so muß ich zunächst die Wahrscheinlichkeit des Gerüchtes in Abrede stellen, wonach man sich lediglich auf die Deckung der Hauptstadt und beider Seestraßen, des Bosporus und der Dardanellen, beschränken werde. Solche Maßnahmen hätten kaum einen Sinn. 'Nicht mir daß man damit den Russen gestatten würde, in der unrechtmäßig und gegen deu Wortlaut der Tractate in Besitz genommenen Moldan und Walachei nach freiem Belieben auch fernerhin zu verweilen und Europa aus dieser Position zu verhöhnen: nein! man überlieferte außerdem die vorgeschobene türkische Armee den mit conccntrirter Macht im Frühjahr vielleicht geführten Gcwaltschlägen des Zaren, setzte die Bulgarei einer Invasion aus und gäbe die Pässe des Balkans in Rußlands Hand. Diese Macht aus ihren Erobcrnngcn zu dclogircn, würde alsdann einen ungleich größereu Kraftaufwand erheischen als derjenige ist, dessen es bedürfte, um sie gegenwärtig zu verhindern, sie zu machen.
Meiner Meinung nach gebieten England und Frankreich die gegen die Türkei übernommenen positiven Verpflichtungen nicht minder als ihre eigne Würde den Krieg in einer mehr offensiven, mehr die Entscheidung suchenden als die hinter Berschanzungen erwartenden Form zu führen. Das Operationsobject, im räumlichen Sinne, ist außerdem schon durch die vorhergcgaugcueu Verhandlungen, als deren Fortsetzung mit anderen Mitteln der Krieg bezeichnet werden kann, fest bestimmt; es handelt sich zunächst, und wenn man von den weiteren Conscquenzcn absieht, nm die Austreibung der Russen ans den Donaufürstenthümern. Ans diesen Zweck also müssen nothwendigcrweise die ersten Operationen der Verbündeten Armeen hinzielen.
Weder eine Landung au der albanischen Küste aber, noch eine Conccntrirung bei Nodosto oder Adriauopcl würde zu solchem Ziele sichren. Dagegen würde eine Landnng bei Kustendsche, »der an den Mündungen der Donau, oder endlich bei Odessa ganz im die Richtung des bezeichneten Zweckes fallen. Das „Warum?" ist nicht schwer zu erkennen. Truppen, die ans jenen Punkten debarquirt würden, könnten, und zwar wcuu sie bei Kusteudsche landeten, durch einen Douauübcrgaug bei Hirsowa, iu jedem anderen Falle aber ohne diesen Strom zu Passiren, aus die russische RückzngSlinie dispvnirt werden, der Zarischcu Armee in der Walachei die Verbindung mit den rückgclcgencn russischen Provinzen abschneiden und sie eben dadurch zur Umkehr, also znr Näumnng des unrechtmäßig besetzten Gebietes zwingen.
Vor drei Tagen sand eine Conferenz zwischen dem türkischen Kriegsminister Risa Pascha nnd dem französischen Gesandten statt, die man mit der Ankunft der oben erwähnten Truppen in Verbindung bringt; wichtiger aber war jedenfalls eine Besprechung Rcschid Paschas, des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten, mit den Vertretern Englands und Frankreichs, die an demselben Tage oder vielmehr iu der Nacht vor sich