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Außer den Nahrungssorgen quält einen großen Theil der hiesigen Bevölkerung gegenwärtig die Angst vor Einbruch und Mvrd. In der That haben Fälle der Art in einem erschreckenden Maßstab zugenommen. Die Räuber erscheinen Nachts haufenweise, selbst in den belebtesten Straßen und sichren ihre Gewaltthaten mit einer Staunen erregenden Dreistigkeit aus. Dabei ist die Polizei keineswegs schlecht,, im Gegentheil jetzt besser, als.sie jemals hier gewesen. Am FastnachtSabend ist es in Pcra Sitte, daß Freunde uud Bckauutc einander verkleidet besuchen. So machte es am letzten Donnerstag (griechischer Fastnachtsabend) auch kein Aufsehen im Hause des hiesigen reichen Kansmanns Stephanowitsch, als vier Masken vor der Hausthür erschienen. Der Diener öffnete. Kaum eingetreten ziehen die Maskirten lange Messer, legen dem Diener , unter Drohungen Stillschweigen aus, uud während der eine an der Thür zurückbleibt, steigen die anderen die Treppe hinan, finden die Familie Stephanowitsch eben beim Diner, ziehen ihre Messer, drohen im Fall des Schreiens alles umzubringen, lassen sich Juwelen, Silber- und Geldsachen, Shwals und andere Kostbarkeiten aushändigen, und gehen unangefochten damit die Treppe hinunter uud aus dem Hause, wo sie aus der Straße alsbald unter dem Gewühl verschwinden. Nicht immer geht es, wie hier der Fall war, ohne Blutvergießen ab. Erst gestern wurde ein junger Mann, Capitän eines HandelsfahrzcngS, iu Galata, wie man mir sagte, auf offener Straße erdolcht.
Den 13. März. Wie ich Jchncn bereits schrieb, theilt sich unser augenblickliches Interesse uach zwei Richtungen; beinahe mit nicht geringerer Spannung als von der Donau her, sehen wir entscheidenden Nachrichten aus Albanien entgegen. Bei dem allen kann ich nicht umhin hier zu bemerke», daß der Aufstand in'letzterer Provinz nicht die volle Wichtigkeit hat, welche von der griechischen Partei ihm beigelegt wird. Wenn wir auf Nachrichten von dorther begierig sind, so geschieht dies nicht, weil wir über den endlichen Ausgang in Zweifel sind; derselbe kann siiglich kein anderer als die Rückwersung des Angriffs sein; sondern weil' wir noch nicht mit Bestimmtheit wissen, inwieweit diese Ereignisse ans die politische Stellung des Königreichs Griechenland rückwirkend, ja ob sie nicht vielleicht dessen Existenz selbst in Frage stellen werden.
Wenn Sie in den Zeitnngcn lesen, daß von Widdin aus Trnppcn nach Mace- dvnien gesendet seien und Omer Pascha selbst sich nach Sofia begeben habe, so wollen Sie dem nicht zuviel Glauben bcimesscu. Meinen Nachrichten nach hat Omer Pascha seit zwei Monaten Schumla nur einmal behufs einer Reise nach Nustschuck (über Nasgrad) verlassen, und befand sich in dieser Zeit weder in Kalafat, noch in Widdin, noch in Sofia. Ja wenn es nicht so wäre, müßte man sich darüber wundern. Als Obcrseldherr gehört er natürlich in den Mittelpunkt der Dinge, die er leiten soll, nnd das ist, in räumlicher Beziehung Schumla, wen» man die Verthcidiguugssronte als Linie betrachtet, Nustschuck.
Den 16. März. Zur Zeit wenu diese Zeileu iu Ihren Händen sein werden, wird die Avantgarde der englisch-französischen Exveditionsarmce sich, allem Vermuthen nach, schon hier befinden. Wir werden in der L>""i>c! i'ue du die hochgewachsenen Schotten und die stämmigen Iiorse-FuiU'cl-- promcniren schen, gleich wie wir hcnte die Beamten des englischen Commissariats dort wahrnehmen könne». Auch die großen Entscheidungen des Krieges werden nicht ausbleiben, nachdem nunmehr ei" halbes Jahr beinahe uutcr seinen Vorbereitungen vergangen ist.