Beitrag 
Die letzte Woche preußischer Politik.
Seite
469
Einzelbild herunterladen
 

4«»

der Aufzeichnung dieser Vcllcitäteu langweilen? Es ist ein Fastnachtstaumel vor Aschermittwoch.

Inzwischen hat sich die Kammer zu einer Interpellation aufgerafft. Es war hohe Zeit, eine so eruste Pflicht zu erfüllen. Der Ministerpräsident stellte eine aus­führliche Darlegung der Negicrnugspolitik i» Aussicht, uud erwartetecharakteristisch gcuug von der Mittheilung, daß die Flotte», die jetzt in der Ostsee erscheinen wür­den, Staaten angehörten, mit denen wir in Frieden nnd gutem Einvernehmen ständen, eine beruhigende Wirkung. Aber bisher gingen wir Hand in Hand mit diesen Staaten, nnd jetzt ist es nöthig, zu versichern, daß sie uns nicht bekriegen werden. Wichtiger als dieses ist der Umstand, daß die Ueberzeugung immer mehr Boden ge­winnt, an eine Geldbewilligung könne vor Abschluß einer Convention mit den West­mächten nicht gedacht werden, wenn man nicht russische Subsidieu bewilligen wolle. Vor dem Ernst der Ereignisse reißt das fadenscheinige Vertrauen au allen Enden; die eiserne Nothwendigkeit zwingt anch den Unaufrichtigen wider ihren Willen ein Zeuguiß für die Wahrheit ab. Möge sie siegen! Thaten mnß man verlangen, den Worten mißtrauen. Es ist ein warnendes Zeichen: kaum Hort man die Tritte derer, welche die Ereignisse von herbei­führten, wieder vernehmlicher erschallen, so brechen die alten Wunden des un­glücklichen Jahres wieder ans nnd bluten wieder.

Wochenbericht.

Konstantinopel, den 23. Februar ->8Si. Ausfallend, im Gegensatz zu manchen andern Verwicklungen, die ciueu europäischen Krieg in Aussicht stellten, muß es erscheinen, wenn sich das Verlangen nach Kampf gegen Rußland iu alle» Krei­sen der hiesigen fränkischen (ich sage nicht christlichen) Bevölkerung ausspricht. Selbst der sonst so friedfertige Handelsstand macht hiervon keine Ausnahme. Iu diesem letz­ten Falle beruht die Kricgslnst nicht svwol auf einer Antipathie nach der ci»c» und Sympathie für die andere Seite, als vielmehr auf Berechnung. Die Motive des Caleuls sind aber nachhaltiger, weil sie geringeren Schwankungen, wie die des Herzens, aus­gesetzt sind. Der hiesige Großhandel hat längst bereits den Vergleich zwischen den heutigen Zuständen und deucu gemacht, die an ihre Stelle treten würden, wenn hier der russische Doppeladler aufgepflanzt wcrdeu sollte, und er hat untrügliche Beweise in den Händen, daß die commcrciellc Bilanz im letzteren Falle »»gleich schlechtere Neftiltate wie im ersteren gebe» würde.

Diese bestimmt ausgcsprochene Stellung der hiesigen kanfmännischen Welt ist iu doppelter Hinsicht von Bedeutung. Einmal weil der hiesige Großhandel einen Theil des englischen, französischen »ud östreichische» ausmacht und dadurch die Pnncipie», welche er aufstellt, zugleich englische, srauzöfische und östreichische Intcressc»-Gruudsätzc werde», u»d soda»», weil i» seiner Mitte der eigentliche finanzielle Schwcrp»»kt des