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Uebersetzungen deutscher Lieder ins Englische.
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Gastlichkeit Vorwissen verfertigt, was konnte damit beabsichtigt werden? . . . Nichts Anderes, als keineswegs ein Aergerniß, sondern die öffentliche Lehre und Warnung, solchem Beispiele nicht zn folgen." Arme feine Welt des 19. Jahr­hunderts, wie tief ist deine Sittlichkeit gesunken! Du fällst in Ohnmacht, wenn man dir ein Francnzimmcr zeigt, das seine eigne Brust abgeschnitten in der Schüssel mit sich trägt; du fällst in Ohnmacht, wenn ein Mönch einer Nonne den Rock aufhebt nud dir zeigt, was nicht gesehen werden sollte; und du fällst nicht in Ohnmacht, wenn man dir einen richtig gezeichneten menschlichen Körper vor­stellt. Geh ins Kloster! Auf eine andere Weise wird dir nicht zu helfen sein. Wir schöpfen wieder freien Athem, wen» wir der trüben Athmosphäre dieses angeblich künstlerischen, eigentlich aber klösterlichen Bnchö entfliehen, und in der Kunstarchäologie von Otte wieder die reine Luft einer künstlerischen Ath­mosphäre einsangen. Dieses vortreffliche Buch hat bereits iu der bescheidenen Form, in der es früher austrat, sich seinen Weg gehahnt. Die nenerweiterte nnd unendlich bereicherte Form, in der es erscheint, wird diese Anerkennung nur »och erweitern. Der Verfasser geht, wie billig, nicht vom abstract-ästhetischen Staudpunkte, sondern von den kirchlichen Voraussetzungen ans, aber er be­trachtet diese nur als die unumgängliche Voraussetzung, aus der die Kunst erst das ihrem Wesen Entsprechende zn schaffen hatte. Er zeigt uns zu­nächst daö Kirchengebäude, gleichsam wie Goethe seine Urpflanze, in der allgemeinen Form, die in allen Metamorphosen sich gleich geblieben ist, indem er diese Form aus dem Wesen der Sache entwickelt. Nachdem er uns in diesen Grundformen nach allen Seiten hin auf das gcuanestc vrientirt hat, geht er zur historischen, Entwicklung des Kirchcnbaues über, »ud indem er den Gegensatz zwischen der romanischen und germanischen Form (der byzantinischen nnd der gothischen) zu Grunde legt, weist er Schritt für Schritt nach, wie der Wechsel in den Bedürfnissen und im Geschmack eine naturgemäße Entwicklung in den Formen herbeiführte. Er ist auch iu dieser Darstellung durchaus objectiv und hebt ohue irgendwie seiue subjective Vorliebe aufzudrängen, alles dasjenige hervor, was die verschiedenen Stile in ihrer innern Ueberciustimmung, ihrer Zweckmäßig­keit und Schönheit Beachtenswerthcs hatten. In Beziehung auf die Klarheit, Durchsichtigkeit nnd verständige Grnppirnng des Einzelnen ist das Buch ein Muster, was mau umsomehr anerkennen muß, da der Verfasser das Material vv» allen Seiten her in der reichsten Fülle aufgespeichert hat. Sowvl der litur­gische, als der eigentlich architektonische Theil ist bis znr detaillirtcsten Voll­ständigkeit durchgeführt. Wir finden über alle Fragen Auskunft, und die zahl­reichen hinzugefügten Stiche gebeu uns auch eine lebhafte sinnliche Vorstellung. Nach der historischeu Entwicklung folgt eine Aufzählung der sämmtlichen deutschen Kirchen ans dem Mittelaltcr mit Angabe der wesentlichsteu Merkmale. Hier würde vielleicht bei einer nenen Abgabe noch eine größere Reichhaltigkeit

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