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die an sich keinen Werth hoben, damit aufzuputzen und das Publicum durch raffinirten Sinnenkitzel zu verführen, sie für künstlerisch bedeutend zu halten, so ist er nicht blos ein Betrüger, der sein Flittergold für echtes anzubringen sucht, sondern er handelt vom Standpunkte der künstlerischen Sittlichkeit betrachtet nicht besser, als wer sein Geld in Luxus verthut, anstatt seine Schulden zu bezahlen. Denn die Mittel, welche er abnutzt, sind nicht sein, sie gehören der Kunst, und auch das Publicum, dessen Geschmack er verdirbt, ist ihm nicht leibeigen.
Das Princip, jeden Moment aufs schärfste zu bezeichnen und dafür stets alle denkbaren Mittel aufzubieten, führt auch in der Instrumentation nur zu dem Nebeneinanderstellen einzelner Effecte, von denen einer den andern zu überbieten sncht; darüber aber geht die Haltung des Ganzen, der allgemeine Grund, auf welchem das Einzelne erst hervortreten kann, verloren. Früher bildeten die Saiteninstrumente, wesentlich diesen Grund, mehr uud mehr haben sich die Blasinstrnmente vorgeschoben, die bei Wagner svwol in den Holz- als Blechinstrumenten so reich ausgestattet sind — er gebraucht regelmäßig 3 Flöten, 2 Oboen und.englisch Horn, Ä Klarinetten uud Baßclarinette, 3 Fagotts, serner 3 Trompeten, 4 Hörner, 3 Posaunen nnd Baßtnba — und in den verschiedenartigsten Combinationen uud Nuancirnnge» so überwiegend hervortreten, daß sie den Hauptcharakter der instrumentalen Wirkung bestimmen. Um ihnen gegenüber sich geltend zu machen, werde» nun auch die Saiteninstrumeute eigenthümlich behandelt, häufig im Unisono massenhaft, dann wieder in allen Stimmen vielfach getheilt, um den ganzen Tonumfang nur mit dem Klang der Saiteninstrumente ansznfülleu, oft mit Dämpfern, mit Vorliebe werden die höchsten uud die tiefsten Lagen der Geigen benutzt, kurz das hcrvorgesucht, was eiuen nngewöhnlichen Charakter hat; einen längeren Satz, der den eigentlichen naturgemäßen Charakter des Saitenquartetts repräsentirt, wird man vergeblich im Lohengrin suchen. Alles, was hier angeführt ist, gehört einer Behandlung der Jnstrnmente an, welche möglichst die Nerven zu reizen sncht uud daher ganz vorzugsweise auszuregeu geeignet ist; dazu wirkt dann auch das Tremolo der Saiteninstrumente, welches so prädominirend ist, daß, wenn anch die Blasinstrumente in diese zitternde Bewegung verfallen, man denkt, das ganze Orchester bekomme das «Zelirwirr ti<zmsn8. Bei diesen vielfachen Anstrengungen sind manche interessante, auch einige schöne nnd reizende Jnstrnmentalcffccte gewonnen, das soll nicht gelängnet werden; allein Einzelu- heiten der Art touueu uicht für die Desorganisation des Orchesters entschädigen, welche, ich wiederhole es, nicht in der Ausdehnung der Mittel an sich beruht, sondern in der Verschwendung und der unnatürlich gekünstelten Verwenduug derselbe», welche an den Gutschmecker erinnert, der, als ihm eine Aepselpastete vortrefflich geschmeckt hatte nnd er auf Befragen erfuhr, daß einige Quitten dazugethan seien, sich dann eine 'Aepfelpastete von lanter Quitten ausbat.
Eincn Beweis hierfür bietet die Jnstrumentaleinleitung znr Oper. Es wurde mit