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Die orientalische Frage.
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getrieben. Und dasselbe geschieht vor unsern Augen von einem unbedeutenden amerikanischen Kriegsschiff in Smyrna. Abgeschnitten von allen Hilfsmitteln, durch einen unendlichen Raum von seiner Heimat getrennt, trägt es doch das Gefühl seiner großen Nation so stark in sich, daß es den Muth hat, das, was es für sein Recht hält, mit Gewalt durchzusetzen. Wie es mit diesem Rechtsan­spruch beschaffen ist, können wir hier füglich unuutersucht lasse»; snr uns steht nur das Factum männlicher Entschlossenheit fest, welches in nnserer unsteten und zerfahrenen Zeit in der That etwas Berauschendes hat.

Bei den Anklagen gegen die beiden Seemächte fassen wir natürlich nur England ins Auge. Frankreichs Interessen sind nicht so wesentlich im Spiel, uud seiue Macht reicht unzweifelhaft uicht aus, sich dem ungleichen Kampf zu unterziehen. Aber England mußte in der Lage sein, gleich bei der Senduug des Fürsten Menschikoff, oder eigentlich schon früher, die Tragweite des Ereignisses nach allen Seiten hin in Erwägung zu ziehen. Wenn die grvßbritauuische Re­gierung der Ansicht war, die Türkei könne ohne wesentliche Beschädigung in die russischen Forderungen eingehen, oder der Schaden, der der Türkei uud damit mittelbar den europäische» Großmächten zugefügt wurde, sei wenigstens nicht so erheblich, um das gefahrvolle Unternehmen eines Krieges zn rechtfertigen, so mußte sie diese Ansicht gleich von vornherein sehr bestimmt und energisch der Türkei gegenüber aussprechen. Auf solche energische Vorstellungen hätte die Pforte keinen Austand genommen, die strengen Forderungen Nußlands zn be­willigen; dadurch wäre ihre Ehre weniger verletzt worden, als gegenwärtig, denn sie war damals grade im Zuge, nach allen Seiten hin Concessionen zu machen, und eine Concession mehr wäre damals unbemerkt mit hingenommen; jetzt aber muß sie sich einmal der Gewalt fügen, uud außerdem ist alle Welt auf das Demüthigende der russischen Forderungen aufmerksam gemacht worden. Außer­dem ist der materielle Nachtheil, den sie im gegenwärtigen Augenblicke erleidet, unendlich größer, und der Einmarsch und Ansenthalt der russischen Truppen in den Donaufürstenthümern wird ihr theuer zu stehen kommen.

Wäre also England darauf ausgegangen, in dem ansbrechenden Conflict Rußland jeden Vortheil und der Türkei jeden Nachtheil zuzuwenden, der im Reich der Möglichkeiten lag, so hätte es nicht anders handeln können. Nnr ist ihm dabei widerfahren, was es wol selber vorher nicht berechnet hat: es ist an seiner eigenen Ehre auf das Empfindlichste gekränkt worden und muß diese Krän­kung ruhig hinnehmen. Die Art nnd Weise, wie das Ministerium diese Krän­kung z» beschönigen gesucht hat, grenzt ans Cynische, und wir finden darin zwischen Whigs und Peeliteu gar keinen Unterschied; im Gegentheil scheinen uns die Erklärungen des Lord Nussel das Unwürdigste zn sein, was überhaupt in dieser Sache gesagt worden ist.

Von welcher Art die Vermittlungsvorschläge find, über welche der russische